Leitsatz (amtlich)
Nach einem bindenden Verweisungsbeschluss kommt eine Gerichtsstandsbestimmung bei Streitgenossenschaft (§ 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO) nicht mehr in Betracht. (Vorlage an den BGH).
Nachgehend
Tenor
Das Verfahren wird dem BGH zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Gründe
I. Mit Schriftsatz vom 27.12.2004 hat der Antragsteller Klage zum LG Offenburg gegen die beiden Antragsgegner erhoben. Er verlangt von den Antragsgegnern als Gesamtschuldner Schadensersatz i.H.v. 49.095,87 EUR nebst Zinsen. In der Klageschrift hat der Antragsteller die Auffassung vertreten, die Antragsgegner hätten ihm ggü. Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt im Zusammenhang mit Beteiligungsverträgen, die er mit der Antragsgegnerin Ziff. 2 abgeschlossen habe. Der Antragsgegner Ziff. 1 sei hierbei gleichzeitig als Erfüllungsgehilfe für die Antragsgegnerin Ziff. 2 aufgetreten.
Der Antragsgegner Ziff. 1 hat seinen Wohnsitz im Bezirk des LG X. Die Antragsgegnerin Ziff. 2 hat ihren Sitz in Y. Der Antragsteller hat in der Klageschrift die Auffassung vertreten, das LG Offenburg sei örtlich zuständig aufgrund einer Bestimmung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin Ziff. 2.
Mit Verfügung vom 8.6.2005 hat das LG Offenburg auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit hingewiesen und einen Verweisungsantrag angeregt. Der Antragsteller hat im Schriftsatz vom 22.6.2005 zwar an seiner Rechtsauffassung hinsichtlich der Zuständigkeit des LG Offenburg festgehalten, jedoch gleichzeitig hilfsweise Verweisung des gesamten Rechtsstreits an das LG X., höchst hilfsweise Verweisung des Verfahrens gegen die Antragsgegnerin Ziff. 2 an das LG Y. beantragt.
Das LG Offenburg hat daraufhin das Verfahren gegen die beiden Antragsgegner getrennt. Die Klage gegen den Antragsgegner Ziff. 1 hat das LG Offenburg an das LG X. verwiesen, die Klage gegen die Antragsgegnerin Ziff. 2 an das LG Y. Bei diesen Gerichten sind die Verfahren gegen die Antragsgegner derzeit anhängig (...). In beiden Verfahren hat noch kein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden.
Mit Schriftsatz vom 29.7.2005 an das OLG Karlsruhe bittet der Antragsteller um Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts für die beim LG X. und LG Y. anhängigen Verfahren. Die Gerichtsstandsbestimmung soll die Möglichkeit verschaffen, dass die Klagen gegen die beiden Antragsgegner in einem einheitlichen Verfahren verhandelt werden.
Die Antragsgegner hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II. Das Verfahren war dem BGH zur Entscheidung vorzulegen.
1. Das OLG Karlsruhe ist zuständig im Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 2 ZPO. Die Antragsgegner haben ihren Wohnsitz bzw. Sitz im Bezirk des LG X. und im Bezirk des LG Y., so dass die zunächst höheren Gerichte das OLG Karlsruhe und das OLG Braunschweig sind. Zuständig im Bestimmungsverfahren ist das OLG Karlsruhe, da der Antragsteller seinen Antrag an dieses Gericht gerichtet hat. Der Antragsteller hatte für seinen Antrag die Wahl zwischen dem OLG Braunschweig und dem OLG Karlsruhe, da keines der beiden Gerichte des allgemeinen Gerichtsstands (...) "zuerst" i.S.v. § 36 Abs. 2 ZPO mit der Sache befasst war (vgl. zum Wahlrecht des Antragstellers in entsprechenden Fällen Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 36 Rz. 4). Aus den beigezogenen Akten ergibt sich, dass die Klage des Antragstellers - nach der Verweisung durch das LG Offenburg - sowohl beim LG X. als auch beim LG Y. jeweils am 30.6.2005 eingegangen ist. Mithin gibt es keine zeitliche Präferenz für einen Vorrang des OLG Braunschweig oder des OLG Karlsruhe im Rahmen von § 36 Abs. 2 ZPO.
2. Der Antrag des Antragstellers ist nach Auffassung des Senats allerdings unbegründet. Einer Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO stehen die bindenden Verweisungsbeschlüsse des LG Offenburg vom 28.6.2005 entgegen.
a) Die beiden Verweisungsbeschlüsse des LG Offenburg vom 28.6.2005 sind gem. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bindend. Umstände, die ausnahmsweise einer Bindungswirkung entgegenstehen könnten (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 281 Rz. 17 ff.) sind nicht ersichtlich. Insbesondere kommt es für die Bindungswirkung nicht darauf an, ob das LG Offenburg seine eigene Zuständigkeit hinsichtlich der beiden Antragsgegner zu Recht verneint hat.
b) Die Bindungswirkung der Verweisungsbeschlüsse ist auch im Rahmen einer Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO zu beachten. Nach einer bindenden Verweisung kommt eine Gerichtsstandsbestimmung bei Streitgenossenschaft grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Dieses Ergebnis ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung in § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO. Aus Gründen der Prozessökonomie sollen Zuständigkeitsstreitigkeiten zeitlich beschränkt werden, so dass nach einer (bindenden) Verweisung eine weitere Störung des Verfahrens durch spätere Zuständigkeitsänderungen nicht mehr in Betracht kommen soll (Vollkommer, Zeitliche Grenzen der Zuständigkeitsbestimmung bei Str...