Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Unterhaltsbestimmung nach § 1612 Abs. 2 S. 2 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag nach § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nur zulässig, wenn eine wirksame Unterhaltsbestimmung getroffen wurde.

Eine Unterhaltsbestimmung ist unwirksam, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nur Gewährung von Wohnung anbietet und sonstige Unterhaltsleistungen ablehnt.

 

Normenkette

BGB § 1612 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Beschluss vom 07.03.2005; Aktenzeichen 28 F 7/05)

 

Tenor

1. Auf die (befristete) Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des FamG Mannheim vom 7.3.2005 (28 F 7/05) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Der Antrag der Antragstellerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners in beiden Instanzen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist die volljährige Tochter des Antragsgegners. Die Ehe der Eltern der Antragstellerin ist geschieden. Sie studiert Rechtswissenschaften im 6. Semester. Bis Ende November 2004 erhielt sie Leistungen des Bafög-Amtes. Diese wurden im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse ihres Vaters eingestellt.

Die Antragstellerin führt einen eigenen Haushalt. Der Antragsgegner hat ihr im Januar 2005 eine Einliegerwohnung in seinem Haus als Unterkunft angeboten, ansonsten aber die Zahlung von Unterhalt abgelehnt.

Mit Schreiben vom 27.1.2005 hat die Antragstellerin die Abänderung der Unterhaltsbestimmung beim FamG Mannheim beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass es für sie nicht zumutbar sei bei ihrem Vater zu leben.

Der Richter hat das Verfahren unter Hinweis, dass die Antragstellerin eine Unterhaltsbestimmung gem. § 1612 Abs. 2 BGB begehre, formlos an die Rechtspflegerin abgegeben. Diese hat den Antrag an den Antragsgegner zur Stellungnahme binnen einer Woche übersandt. Innerhalb der Frist ging keine Stellungnahme ein.

Mit Beschluss vom 7.3.2005 hat das FamG durch die Rechtspflegerin antragsgemäß die Unterhaltsbestimmung des Antragsgegners auf Leistung von Naturalunterhalt mit Wirkung vom 28.1.2005 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner die Unterhaltsleistung in Form einer Geldrente zu erbringen habe.

Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 8.3.2005 zugestellt. Mit am selben Tag beim FamG eingegangenen Schreiben hat der Antragsgegner vorgetragen, dass er sich im Hinblick auf das Alter seiner Tochter (30 Jahre) nicht mehr verpflichtet fühle, diese zu unterstützen. Im Januar 2005 habe er ihr eine Wohnung angeboten, das Angebot habe sie jedoch nicht angenommen.

Mit Verfügung vom 8.3.2005, am 31.3.2005 ausgefertigt, hat das FamG angefragt, ob das Schreiben des Antragsgegners als Beschwerde anzusehen sei. Dies hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 13.4.2005, eingegangen am gleichen Tag, bejaht. Daraufhin hat das FamG Mannheim mit Beschluss vom 9.5.2005 die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Antragstellerin hat unter dem 5.7.2005 auf die Beschwerde erwidert.

II. Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist zulässig und begründet.

1. Gegen die Entscheidung des FamG über die Änderung einer Bestimmung der Eltern über die Art der Unterhaltsgewährung ist das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde nach § 621e Abs. 1 ZPO statthaft (Senat FamRZ 2004, 655; OLG Dresden FamRZ 2004, 209; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., Rz. 7 zu § 621e).

Zwar hat der Antragsgegner die Notfrist der §§ 621e Abs. 3 Satz 2, 517 ZPO versäumt. Danach ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung beim Beschwerdegericht, also beim OLG, einzulegen. Dies gilt auch bei Entscheidungen des Rechtspflegers. Vorliegend hat der Antragsgegner jedoch innerhalb der Monatsfrist sein als Beschwerde auszulegendes Begehren beim FamG angebracht. Dies genügt zwar grundsätzlich nicht. Ihm ist jedoch auch ohne seinen Antrag (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO) Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen, nachdem es das FamG versäumt hat rechtzeitig die Beschwerdeschrift an das OLG weiterzuleiten. Dies hätte die Fristversäumung gehindert. Damit war die Einlegung der Beschwerde beim falschen Gericht nicht ursächlich für die Fristversäumung (vgl. hierzu BVerfG FamRZ 1995, 1559; BGH FamRZ 1998, 285; OLG Karlsruhe, 5. Zivilsenat, FamRZ 2004, 831).

2. Die befristete Beschwerde ist auch begründet.

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Rechtspfleger für einen isolierten Antrag volljähriger Kinder auf Änderung einer elterlichen Unterhaltsbestimmung überhaupt zuständig ist (dagegen mit beachtlichen Argumenten OLG Dresden FamRZ 2004, 209; KG FamRZ 2003, 619; OLG Düsseldorf FamRZ 2001, 1306; Palandt/Brudermüller, 64. Aufl., Rz. 21 zu § 1612 BGB; Gerhardt, Handbuch des Fachanwalts FamR, 5. Aufl., 6. Kapitel. Rz. 138; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 2, Rz. 41; a.A.: OLG Köln FamRZ 2002, 111; OLG Frankfurt FamRZ 2001, 116; OLG Hamburg FamRZ 2000, 246; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rec...

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