Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 09.04.2015; Aktenzeichen 7 O 78/14)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Karlsruhe vom 09.4.2015 - 7 O 78/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerderechtszugs.

3. Der Streitwert des Beschwerderechtszugs wird auf bis zu 5.097,59 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht mit der Klage Ansprüche im Zusammenhang mit einer tätlichen Auseinandersetzung geltend.

Nach Erstattung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens vom 06.10.2014 (AS 375 - 379) durch den vom LG bestellten Sachverständigen Dr. H. hat sie mit einem am Montag, 08.12.2014 beim LG Karlsruhe vorab per Telefax eingegangenen Schriftsatz (AS 397 ff.) den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die zunächst bis zum 07.11.2014 gesetzte Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten war ihr zuvor mit gerichtlicher Verfügung vom 06.11.2014 (AS 391) um einen Monat verlängert worden. der Sachverständige hat zu dem Gesuch am 20.01.2015 (AS 405) Stellung genommen. Das LG Karlsruhe hat den Antrag mit Beschluss vom 09.04.2015 (AS 417 - 423), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Gegen diesen ihr am 15.04.2015 (AS 427) zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer vorab per Telefax am 29.04.2015 beim LG eingegangenen sofortigen Beschwerde selben Datums (AS 431), die sie mit Schriftsatz vom 15.06.2015 (AS 445 f.) begründet hat. Das LG hat mit Beschluss vom 23.06.2015 (AS 453 f.) der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß § 569 ZPO frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Befangenheitsgesuch der Klägerin wurde fristgerecht eingereicht. Ergibt sich der Grund zur Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im Allgemeinen - wie auch hier - die Frist für die Ablehnung des Sachverständigen gem. § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten - auch verlängerten - Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung des Antrags mit dem Inhalt des Sachverständigengutachtens auseinander setzen muss (BGH, NJW 2005, 1869 f., juris Tz. 12; OLGR Saarbrücken 2007, 374 ff., juris Tz. 7 f.).

Zu Recht hat das LG das Befangenheitsgesuch der Klägerin jedoch für unbegründet erachtet.

1. Nach § 406 Abs. 1 S. 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung genügend Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen (vgl. BGH, NJW-RR 2013, 851 f., Tz. 10 m.w.N.).

a) Unter Berücksichtigung der hier in Betracht kommenden Gründe ist dies etwa anzunehmen, wenn eine Stellungnahme eines Sachverständigen sich nicht auf eine sachliche Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Einwendungen beschränkt, sondern sprachliche Entgleisungen gegenüber einer Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten enthält, die einem zur Objektivität und Neutralität - auch in der Ausdrucksweise - verpflichteten Sachverständigen nicht unterlaufen dürfen (OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2010 - 9 U 2258/05, juris Tz. 20 m.w.N.). Auch die völlig unangemessene Reaktion des Sachverständigen auf einen Vorhalt (KG, MDR 2008, 528), unsachliche Äußerungen über eine Partei oder ihren Prozessbevollmächtigten (OLG Nürnberg, MDR 2012, 365; OLG Celle, MDR 2012, 1309, juris Tz. 2; OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.12.2010 - 12 W 54/10, juris Tz. 9 = AHRS 7010/389, OLG Hamm, MDR 2010, 653) oder das unbesehene Abqualifizieren angekündigter Einwendungen gegen das Gutachten (OLG Zweibrücken, VersR 1998, 1438) können die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Rn. 8). Verbale Entgleisungen eines Sachverständigen sind auch nicht damit zu entschuldigen, dass er sich durch die Fragestellungen der Prozesspartei provoziert gefühlt habe, wenn diese nicht über das hinausgehen, was er hinzunehmen hätte (OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2010 - 9 U 2258/05, juris Tz. 23). Dagegen ist die Ablehnung unbegründet, wenn der Sachverständige auf heftige Angriffe einer Partei mit noch angemessener Schärfe reagiert. Zudem soll nicht die Möglichkeit eröffnet werden, durch Provokation des Sachverständigen einen Ablehnungsgrund zu schaffen (OLG Köln, Beschluss vom 22.09.201...

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