Leitsatz (amtlich)
Entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Gesamtstrafenbildung gemäß §§ 53 ff. StGB im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO bei mehreren Verstößen gegen einen Unterlassungstitel
Normenkette
StGB §§ 53-55; ZPO § 890
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Aktenzeichen 34 F 4/20) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg (Az. 34 F 4/20) vom 17.07.2020 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass gegen den Antragsgegner unter Einbeziehung der durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg (Az. 34 F 4/20) vom 22.05.2020 verhängten Ordnungshaft eine Gesamtordnungshaft von 80 Tagen verhängt wird.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen eine erneute Verhängung von Ordnungshaft wegen nochmaligen Verstoßes gegen eine einstweilige Anordnung nach § 1 GewSchG.
Durch - rechtskräftigen - Beschluss vom 23.01.2020, der dem Antragsgegner am 29.01.2020 durch die Gerichtsvollzieherin durch persönliche Übergabe zugestellt wurde, hat das Amtsgericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung - befristet bis 23.07.2020 - unter anderem untersagt, die Wohnung in .... ohne vorherige Zustimmung der Antragstellerin nochmals zu betreten (Ziff. 1.1.), sich in einem Umkreis von 250 Metern der Wohnung der Antragstellerin in ... ohne vorherige Zustimmung aufzuhalten (Ziff. 1.2.), mit der Antragstellerin in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen (Ziff. 1.3.) und ein Zusammentreffen mit der Antragstellerin herbeizuführen (Ziff. 1.4.). Unter Ziffer 3 wurde dem Antragsgegner für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht.
Mit Beschluss vom 22.05.2020 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Heidelberg gegen den Antragsgegner wegen schuldhaften Verstoßes vom 07.05.2020 gegen den Beschluss vom 23.01.2020 60 Tage Ordnungshaft verhängt, nachdem der Antragsgegner an diesem Tage zur Nachtzeit komplett maskiert in die Wohnung der schlafenden Antragstellerin eingedrungen war, wobei er zwei Türen eingeschlagen habe.
Als der Antragsgegner am 07.05.2020 die Wohnung der Antragstellerin verlassen hat, äußerte sie "Wir sehen uns nie wieder und du kontaktierst mich nie wieder!"
Der amtsgerichtliche Beschluss ist dem Antragsgegner am 26.05.2020 zugestellt worden.
Der Senat hat die vom Antragsgegner eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 18.06.2020 (Az. 16 WF 87/20) zurückgewiesen.
Unter dem 27.05.2020 teilte die Antragstellerin mit, an diesem Tage habe der Antragsgegner gegen 2:35 Uhr bei ihr in der Tür gestanden; die Tür sei zur Stoßlüftung offen gewesen. Er habe die ihr zuvor zugesandten Bilder zurückgefordert. Sie habe die Polizei gerufen. Er sei sofort gegangen, habe sie dann aber 16 Mal versucht, anzurufen. Dann habe er vor ihrer Tür gestanden, mit ihr geredet und ihr einen Zettel durch die Tür geschoben. Schließlich habe ihn die Polizei mitgenommen. Sie fühle sich in ihrer Wohnung nicht mehr wohl und könne kaum noch schlafen. Sie leide zudem unter anderem unter Ängsten, Albträumen, Stress, Angst vor Männern, Dissoziieren, Selbstverletzungen, Essstörungen, Problemen in ihrer Beziehung und Gefühlen wie Trauer, Scham, Ekel, Wut und Selbsthass.
Die Antragstellerin hat wegen dieses erneuten Vorfalls Ordnungsmittel beantragt.
Der Antragsgegner nahm mit Schreiben vom 16.06.2020 Stellung. Er bestätige die Angaben der Antragstellerin, habe sie aber nur einige Male, nicht aber 16 Mal angerufen. Betonen wolle er, dass er die Wohnung der Antragstellerin nicht betreten habe. Er habe lediglich die Bilder, die er ihr geschickt habe, abholen wollen. Zur Nachtzeit sei er gefahren, damit seine Eltern und sein Bruder nichts davon mitbekämen. Seine derzeitige Lebenssituation solle berücksichtigt werden. Es tue ihm leid, dass es der Antragstellerin schlecht gehe. Er wolle sich in Zukunft an das Kontaktverbot halten. Er bereue die beiden geschehenen Vorfälle.
Mit Beschluss vom 17.07.2020 hat das Amtsgericht gegen den Antragsgegner wegen schuldhaften Verstoßes vom 27.05.2020 gegen den Beschluss vom 23.01.2020 40 Tage Ordnungshaft verhängt.
Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner mit am 27.07.2020 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Der junge Mann neben dem Bett der Antragstellerin habe ihn angeschrien, ihn körperlich und verbal bedroht. Als er, der Antragsgegner, später wiedergekommen sei, habe er versucht, der Antragstellerin durch die Tür gut zuzureden . Er habe sich nur die Bilder holen wollen. Hätte er gewusst, wie sich sein erster Besuch auf die Gesundheit der Antragstellerin auswirke, hätte er sich zweimal überlegt, bevor er nochmals hingefahren wäre. Als er am 07.05.2020 gegangen sei, habe die Antragstellerin versprochen, ihn nicht mehr als Stalker zu bezeichnen. Dabei hätten...