Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietminderung und Schadensersatz bei Gewerberäumen
Leitsatz (amtlich)
1. Führen Wassereintritte nach Niederschlägen mehrfach zu Schäden in einem Schuhgeschäft, wird die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch für die Folgezeit schon durch die konkrete Gefahr weiterer Wassereintritte erheblich gemindert.
2. Macht der Mieter nach einem Wassereintritt Schadensersatzansprüche geltend, muss der Vermieter gemäß § 536 a Abs. 1 2. Alt. BGB sein fehlendes Verschulden beweisen, wenn die Ursache des Wassereintritts in seinem Herrschaftsbereich liegt. (Hier: Eintritt von Niederschlagswasser durch das Dach.)
Normenkette
BGB §§ 536, 536a Abs. 1
Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen Me 4 O 290/12) |
Tenor
Der Senat erwägt eine Zurückweisung der Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 23.06.2015 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO. Die Parteien erhalten vor einer Entscheidung des Senats Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Gründe
I. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 25.04.2003 mietete der Beklagte in der M.straße in Ü. von den Eheleuten R. und E. H. ein Ladengeschäft im Erdgeschoss und einen Lagerraum nebst Büro im Obergeschoss zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäftes für Schuhe und Accessoires. Die Bruttomiete betrug seit der Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 01.01.2007 1.825,32 EUR im Monat. Die Parteien gehen davon aus, dass die beiden Kläger nach Vertragsschluss im Wege einer Rechtsnachfolge an die Stelle der Vermieter getreten sind.
Im Februar 2010 sowie am 12.07.2010 und am 23.07.2010 drangen bei Niederschlägen jeweils erhebliche Mengen Wasser in die vermieteten Räumlichkeiten ein. Bei dem letzten Wassereintritt am 23.07.2010 ergoss sich das Niederschlagswasser u.a. aus den Deckenstrahlern in die Verkaufsräume. Wegen der im Juli entstandenen Wasserschäden ließen die Kläger am 25. und 26.10.2010 Malerarbeiten in den Verkaufsräumen durchführen. Der Teppichboden wurde zu diesem Zeitpunkt gereinigt. Im Februar 2011 ließen die Kläger Mängel des Daches reparieren, die nach Meinung von Fachleuten für den Wassereintritt bei den Niederschlägen verantwortlich gewesen seien. Der Beklagte zahlte ab August 2010 keine Miete an die Kläger. Im März 2011 veräußerten die Kläger das Objekt an die Eheleute A. und W. T.. Diese wurden am 18.04.2011 als Eigentümer des Anwesens M.Straße in Ü. eingetragen.
Die Kläger haben in einem Parallelverfahren (Amtsgericht Überlingen - 1 C 224/11 - und Landgericht Konstanz - 11 S 160/11 -) die Miete für März 2011 klageweise geltend gemacht. Im vorliegenden Prozess haben die Kläger Zahlung der Miete für die Zeit von August 2010 bis Februar 2011 und für die Zeit vom 01.04. bis 17.04.2011 verlangt. Bei dieser Klage haben die Kläger wegen möglicher Beeinträchtigungen des Beklagten bei der Nutzung des Mietobjekts lediglich eine geringe Minderung der Miete berücksichtigt; denn die unstreitigen Wassereintritte im Mietobjekt hätten auf die gewerbliche Nutzung der Räumlichkeiten für das Schuhgeschäft keine nennenswerten Auswirkungen gehabt.
Mit Versäumnisurteil vom 05.02.2013 hat das Landgericht Konstanz den Beklagten wie folgt verurteilt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 13.434,32 EUR nebst Zinsen in Höhe
von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 1.679,29 EUR seit dem 05.08.2010,
weiteren 1.679,29 EUR seit dem 04.09.2010,
weiteren 1.679,29 EUR seit dem 06.10.2010,
weiteren 1.679,29 EUR seit dem 05.11.2010,
weiteren 1.679,29 EUR seit dem 04.12.2010,
weiteren 1.679,29 EUR seit dem 07.01.2011,
weiteren 1.679,29 EUR seit dem 04.02.2011,
weiteren 1.679,29 EUR seit dem 05.04.2011
zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Kläger 925,60 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2012 zu bezahlen.
Der Beklagte hat gegen dieses Versäumnisurteil fristgemäß Einspruch eingelegt. Die Forderungen der Kläger seien nicht berechtigt. Die Miete sei in der Zeit von Juli 2010 bis April 2011 aufgrund von Mängeln des Mietobjekts erheblich vermindert gewesen. Die Wasserschäden seien von den Klägern zu keinem Zeitpunkt vollständig beseitigt worden. Der Beklagte hat die Beeinträchtigungen, welche er beim Betrieb des Schuhgeschäfts bis April 2011 gehabt habe, im Einzelnen konkretisiert. Soweit wegen der geminderten Miete noch eine Restforderung der Kläger bestanden habe, hat der Beklagte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt. Die Kläger seien zum Schadensersatz verpflichtet, da eine große Anzahl neuwertiger Schuhe durch die eingedrungene Nässe unbrauchbar geworden sei.
Das Landgericht hat zu den Wetterbedingungen in Überlingen am 12.07.2010 und am 23.07.2010 ein schriftliches Gutachten des Deutschen Wetterdienstes mit mehreren Ergänzungen eingeholt. Außerdem hat das Landgericht verschiedene Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 23.06.2015 hat das Landgericht sodann wie folgt entschieden:
1. Das Versäumnisurteil vom 05.02.2013 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Beklagte verurteil...