Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Reisekosten – Beschwerde – Prozeßkostenhilfe. Ehescheidung. Prozeßkostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1.) Die Entscheidung über die Erstattung von Reisekosten ist kein Justizverwaltungsakt, sondern ein Akt der Rechtsprechung, sodaß hiergegen die einfache Beschwerde des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO eröffnet ist.
2.) Reisekosten sind nur dann zu erstatten, wenn diese Kosten unumgänglich angefallen sind. Das ist der Fall, wenn mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens das Gericht zum Ausdruck bringt, daß das Auftreten der Partei vor Ort unabdingbar ist.
Normenkette
ZPO §§ 122, 127 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Lörrach (Urteil vom 16.08.1999; Aktenzeichen 13 F 45/98) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Kostenbeschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Lörrach vom 16.08.1999 (13 F 45/98) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 06.08.1999 hat der Scheidungsantragsgegner beantragt, ihm die Reisekosten für die Wahrnehmung des mündlichen Verhandlungstermins vom 24.06.1999 in Höhe von 219,00 DM zu erstatten.
Mit dem angefochtenen Beschluß wurde sein Antrag zurückgewiesen, da sein persönliches Erscheinen zum Termin nicht angeordnet worden war und es sich daher nicht um notwendige Reisekosten gehandelt habe. Hiergegen hat der Antragsgegner „Rechtsmittel” eingelegt, dem das Familiengericht mit Beschluß vom 16.09.1999 nicht abgeholfen und welches das Gericht dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II.
Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Familiengericht dem Antragsgegner die Erstattung seiner Reisekosten zum Termin vom 24.06.1999 versagt.
Zwar ist dem Antragsgegner für das Scheidungsverfahren ratenfreie Prozeßkostenhilfe bewilligt worden, was dazu führt, daß die Norm des § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO analog auf Aufwendungen wie Fahrtkosten, Reiseaufwand, Zeitversäumnis angewandt wird (BGHZ 64, 139). Anspruch auf Bewilligung einer Reiseentschädigung hat aber eine Partei erst dann, wenn diese Kosten unumgänglich und notwendigerweise angefallen sind. Das ist der Fall, wenn mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens das Gericht zum Ausdruck bringt, daß das Auftreten der Partei vor Ort unabdingbar ist und damit automatisch auch entsprechende Zusatzkosten erwachsen (vgl. dazu Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 91 Rn. 13, Stichwort: Reisekosten und § 122, Rn. 26, 27). Ist das persönliche Erscheinen nicht angeordnet worden, so können Reisekosten nur ersetzt werden, wenn auch eine vermögende Partei aus verständlichen Gründen am Termin teilgenommen hätte, z. B. bei Zeugenaussagen oder im Rahmen einer zu erwartenden weiteren Anhörung gem. § 613 ZPO.
Entgegen diesen Voraussetzungen war ausdrücklich das persönliche Erscheinen des Beklagten nicht angeordnet gewesen. Dies hat der Antragsgegner auch laienhaft erfaßt, wie es sich aus seinem Schreiben vom 10.5.1999 ergibt, in welchem er sein Fernbleiben vom Termin des 24.06.1999 für den Fall angekündigt hat, daß er nicht die Reisekosten für diesen und den vorausgegangenen Verhandlungstermin erstattet erhalten sollte. Nachdem ihm somit für den Termin vom 24.06.1999 kein Reisekostenvorschuß ausbezahlt worden ist, handelte er kostenmäßig mit seinem trotzdem erfolgten Erscheinen zum Termin auf eigenes Risiko und konnte nicht damit rechnen, die hierfür anfallenden Reisekosten erstattet zu erhalten. Da somit auch aus der Sicht des Antragsgegners keine Reisekosten unumgänglich angefallen und damit notwendig geworden sind, hat das Familiengericht zu Recht die Erstattung der Reisekosten für den Termin vom 24.06.1999 abgelehnt.
Da die Entscheidung hierüber kein Justizverwaltungsakt, sondern ein Akt der Rechtsprechung ist, war hiergegen die einfache Beschwerde des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO eröffnet (BGHZ 64, 139 entgegen OLG Stuttgart, Rpfleger 1986, 29).
Eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren ist nicht veranlaßt (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).
Unterschriften
Dr. Thalmann Vors. Richter am OLG, Hermisson Richterin am OLG, Gaiser-Nökel Richterin am OLG
Fundstellen
Haufe-Index 512169 |
OLGR-KS 2000, 258 |
www.judicialis.de 1999 |