Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Ausbildungsunterhalt für Hochschulstudium ohne konkretes Berufsziel. frühere Erwerbstätigkeit als angemessene Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ist, dass die Ausbildung tatsächlich notwendig ist, um eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 BGB auszuüben. Ein Hochschulstudium ohne konkretes Berufsziel, das erst lange nach der Zeit der Trennung aufgenommen wurde, ist jedenfalls nicht als erforderlich anzusehen.
2. Eine frühere Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich als angemessene Tätigkeit im Sinne des § 1574 Abs. 2 BGB zu bewerten (hier: Tätigkeit als Zimmermädchen oder Haushälterin für ehemaliges Au-pair-Mädchen).
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 1, § 1574 Abs. 2, § 1575
Verfahrensgang
AG Sinsheim (Urteil vom 20.11.2007; Aktenzeichen 20 F 190/06) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des AG - FamG - Sinsheim vom 20.11.2007 (AZ. 20 F 190/06) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller im Wege des Scheidungsverbundverfahrens auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Anspruch.
Die am ... 1984 geborene Antragsgegnerin und der am ... 1948 geborene Antragsteller haben am ... 4.2006 vor dem Standesbeamten in R./D. die Ehe geschlossen. Ehegemeinschaftliche Kinder sind aus der Ehe keine hervorgegangen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung arbeitete die Antragsgegnerin als Au-pair-Mädchen, während der Antragsteller bereits in Rente war. Der Antragsteller besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit; die Antragsgegnerin ist Angehörige des Staates K.
Ab Ende April 2006 besuchte die Antragsgegnerin einen Deutsch-Sprachkurs, der von dem Antragsteller bis Juni 2006 finanziert wurde. Mit Schriftsatz vom 13.6.2006, eingegangen am 14.6.2006, hat der Antragsteller die Scheidung eingereicht.
Nach Trennung der Eheleute, deren Zeitpunkt zwischen den Parteien streitig ist, legte die Antragsgegnerin die deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) ab und begann im Wintersemester 2006/2007 mit dem Romanistik-Studium mit dem Ziel des Abschlusses als Bachelor. Sie erhält weder Bafög noch Arbeitslosengeld II.
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, der Antragsteller verfüge über Renteneinkünfte und Einkünfte aus Vermietung in einer Gesamthöhe von 2.941,33 EUR. Der Antragsteller habe sich mutwillig und ohne Anlass aus der Ehe gelöst und die Antragsgegnerin aus dem Haus geprügelt. Der Scheidungsantrag sei verfrüht gestellt worden, da die Eheleute bis Juli 2006 zusammengelebt hätten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, an sie einen monatlichen, monatlich jeweils im Voraus zahlbaren und ab dem 03. Werktag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinslichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 1.000 EUR ab Rechtskraft der Ehescheidung zu zahlen.
Der Antragssteller hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dass im Hinblick auf die äußerst kurze Ehe eine etwaiger Unterhaltsanspruch verwirkt sei. Er habe von der Antragsgegnerin bereits im Mai 2006 zunächst innerhalb der Ehewohnung getrennt gelebt. Nicht er habe die Antragsgegnerin aus dem Haus geprügelt. Das genaue Gegenteil sei richtig.
Mit Urteil vom 20.11.2007 hat das AG - FamG - Sinsheim die am 12.4.2006 geschlossene Ehe der Parteien geschieden (Ziff. 1 des Urteils). Den Antrag auf nachehelichen Unterhalt hat es in Ziff. 2 des Urteils zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Ehe nur sehr kurze Zeit gedauert habe und deshalb dem Antrag nicht stattzugeben sei.
Gegen das ihr am 26.11.2007 zugestellte Urteil hat die Antragsgegnerin per Telefax am 24.12.2007 Berufung eingelegt, die sich gegen die Versagung des nachehelichen Unterhalts wendet. Der Antragsteller sei mit ihrem Plan zur Aufnahme eines Studiums einverstanden gewesen. Die kurze Ehedauer allein könne nicht zu einem völligen Ausschluss des Unterhaltsanspruchs führen. Bei der Billigkeitsprüfung sei zu beachten, dass aus der Ehezeit nachwirkende Beeinträchtigungen von Bedeutung seien, da sie über die voreheliche Lebensstellung hinausragten. Aufgrund der Eheschließung erhalte die Antragsgegnerin kein Bafög oder keine sonstigen staatlichen Fördermaßnahmen. Zu berücksichtigen sei auch, dass sich der Antragsteller kurz nach der Eheschließung in hohem Maße ehewidrig verhalten habe. Er habe versucht, die Antragsgegnerin mit jedem nur erdenkbarem Mittel loszuwerden und sie aufgefordert, anderen Männern sexuell zu Diensten zu sein. Mithin habe er das Ende der Ehe willkürlich herbeigeführt.
Eine Trennung sei erst im Juli 2006 erfolgt.
Das Studium habe sie von Anfang an angestrebt, der einvernehmlich absolvierte Sprachkurs habe der Vorbereitung dieses Studiums gedient.
Die Antragsgegnerin stellt nachfolgenden Antrag:
1. Das Urteil des AG - FamG - Sinsheim vom 20.11.2007 - 20 F 190/06, wird in Ziff....