Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren gemäß § 120a ZPO ist der Partei die Aufforderung zur Erklärung, ob eine Veränderung ihrer Verhältnisse eigetreten ist, analog § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen.
2. Die Zustellung hat an den Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser den Beteiligten im Verfahrenskostenhilfebeschwerdeverfahren vertreten hat.
3. Eine im Nachprüfungsverfahren versäumte Zustellung ist im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar.
Normenkette
ZPO § 120a Abs. 1 Nr. 2, § 124 Abs. 1 Nr. 2, § 329 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Mannheim (Beschluss vom 01.09.2017; Aktenzeichen 2 F 355/13) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der am 01.09.2017 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 31.08.2017, 2 F 355/13, aufgehoben.
2. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Aufhebung der ihm für ein Scheidungsverfahren bewilligten Verfahrenskostenhilfe.
Dem Antragsgegner wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 12.01.2015 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt. In dem Verfahren über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war er ebenso wie im Hauptsacheverfahren durch seinen derzeitigen Verfahrensbevollmächtigten vertreten.
Das Hauptsacheverfahren wurde durch Scheidungsbeschluss vom 17.12.2014, insgesamt rechtskräftig seit 13.02.2015, abgeschlossen.
Mit Verfügung vom 05.04.2017 leitete das Amtsgericht das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren nach §§ 113 FamFG, 120a ZPO ein und forderte den Antragsgegner zur Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf. Seine Aufforderung nach § 120a ZPO hat es mit Verfügungen vom 22.06.2017 und 21.07.2017 wiederholt.
Alle Verfügungen wurden entsprechend der diesbezüglichen Vorgabe der Rechtspflegerin sowohl an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners als auch den Antragsgegner nur formlos, jeweils unter Fristsetzungen, übersandt.
Nachdem keine Reaktion erfolgte, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 31.08.2017, erlassen am 01.09.2017, die bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufgehoben.
Der Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 22.09.2017 zugestellt.
Mit am 17.10.2017 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, dass er erst Kontakt zum Antragsgegner herstellen müsse.
Nachdem auch innerhalb verlängerter Frist keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wurde, hat das Amtsgericht der Beschwerde mit Beschluss vom 27.03.2018 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat vorgelegt.
II. Die gemäß §§ 11 RPflG, 113 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, und begründet. Zwar wurde auch im Beschwerdeverfahren keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners vorgelegt. Das Aufhebungsverfahren nach §§ 120a, 124 ZPO leidet indessen an einem schweren Verfahrensmangel, der zur ersatzlosen Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung führt.
1. Voraussetzung für eine Aufhebung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ist ein ordnungsgemäß durchgeführtes Nachprüfungsverfahren.
a. Nach einheitlicher Auffassung in Literatur und Rechtsprechung ist hierfür Voraussetzung, dass vor dem Aufhebungsbeschluss -zumindest- die letzte, fristgebundene Aufforderung zur Mitwirkung an den Beteiligten nicht formlos übersandt, sondern zugestellt wird (vgl. z.B. OLG Stuttgart, Beschluss vom 07. Februar 2018 - 8 WF 92/17 -, juris; LAG Hessen, Beschluss vom 31. Oktober 2016 - 3 Ta 398/16 -, juris; LAG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2016 - 14 Ta 646/15 -, juris; LAG Köln, Beschluss vom 23. September 2015 - 12 Ta 220/15 -, juris; LAG Hamm, Beschluss vom 21. Juli 2014 - 14 Ta 64/14 -, juris; LAG Hamm, Beschluss vom 20. September 2013 - 14 Ta 160/13 -, juris; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. August 2012 - 8 WF 248/12 -, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 10 WF 187/07 -, juris; Groß in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 120a Änderung der Bewilligung, Rn. 25; BeckOK ZPO/Reichling ZPO § 120a Rn. 26f, beck-online; Prütting/Gehrlein/Zempel/Völker, ZPO, 9. Auflage, § 120a, Rn. 14; Baumbach/Hartmann, ZPO, 76. Auflage, § 120a, Rn. 13 "Frist").
Begründet wird dies damit, dass § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO -analog- anwendbar sei. Folge sei, dass die mit einer Frist verbundene Verfügung, mit der der Beteiligte zur Mitwirkung im Überprüfungsverfahren aufgefordert werde, zuzustellen sei. Gerade im Hinblick auf die erheblichen wirtschaftlichen Folgen, die eine Aufhebung der Bewilligung für den Beteiligten habe, sei eine Zustellung erforderlich.
Im Übrigen könne auch nur so der notwendige Nachweis erbracht werden, dass das Aufforderungsschreiben dem Beteiligten auch zugegangen sei. Dies sei auch i...