Leitsatz (amtlich)

1. Die Ausbildung zum Erzieher an der Fachschule für Sozialpädagogik des Landeswohlfahrtsverbandes Baden ist einer Hochschulausbildung nicht gleichwertig.

2. Nach der vom Gesetz angestellten formalen und typisierenden Betrachtungsweise kommt es allein darauf an, ob die abgeschlossene Ausbildung generell einem Hochschulabschluss gleichwertig ist. Überdurchschnittliche berufliche Leistungen des Betreuers sowie in seiner beruflichen Praxis erworbene besondere Kenntnisse können nicht zu einer Erhöhung seiner Vergütung führen.

 

Normenkette

BVormG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; VBVG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 30.05.2006; Aktenzeichen 11 T 120/05)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG Karlsruhe vom 30.5.2006 - 11 T 120/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 501,12 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1) ist seit September 1997 zum Betreuer der vermögenslosen Betroffenen bestellt. Er hat nach einer abgeschlossenen Lehre als Werkzeugmacher und Absolvierung der Grundausbildung des Landeswohlfahrtsverbandes Baden für Mitarbeiter im Erziehungsdienst an der Fachschule für Sozialpädagogik des Landeswohlfahrtsverbandes Baden eine dreijährige berufsbegleitende Ausbildung der Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung durchlaufen und diese im März 1979 mit der staatlichen Prüfung als Erzieher abgeschlossen. Von September 1986 bis November 1987 besuchte der Beteiligte zu 1) ferner die Fachschule für Heilpädagogik des Landeswohlfahrtsverbandes, beendete diese Ausbildung jedoch nicht. Er ist hauptberuflich in einer pädagogischen Jugendhilfeeinrichtung als Gruppenleiter tätig und in dieser Funktion auch Vorgesetzter von Sozialpädagogen, Heimerziehern und Erziehern.

Mit Schreiben vom 13.10.2004 beantragte der Beteiligte zu 1) für den Zeitraum vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 zu Lasten der Staatskasse Festsetzung einer Vergütung zu einem Stundensatz von 31 EUR i.H.v. insgesamt 2.125,70 EUR. Das Vormundschaftsgericht hat dem Beteiligten zu 1) im Hinblick darauf, dass dieser seine betreuungsrelevanten Kenntnisse nicht durch ein Hochschulstudium erworben habe, lediglich einen Stundensatz von 23 EUR zugebilligt und mit Beschluss vom 9.2.2005 den ihm zustehenden Gesamtbetrag auf 1.624,58 EUR festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) blieb vor dem LG ohne Erfolg. Mit der zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) sein Ziel weiter, eine Vergütung i.H.v. 31 EUR je Stunde zu erhalten.

II. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) ist infolge seiner Zulassung durch das LG statthaft (§§ 69e Abs. 1 S. 1, 56g Abs. 5 S. 2 FGG) und auch im Übrigen unbedenklich zulässig. In der Sache hat es keinen Erfolg.

1. Gemäß Art. 229 § 14 EGBGB ist auf den geltend gemachten Vergütungsanspruch das bis zum 30.6.2005 geltende Vergütungsrecht anzuwenden. Gemäß §§ 1836 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2, 1836a BGB a.F. i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG beträgt die dem Berufsbetreuer zu gewährende Vergütung, die wegen Mittellosigkeit des Betreuten aus der Staatskasse zu gewähren ist, nur dann 31 EUR für jede Stunde, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind. Sind die besonderen Kenntnisse für die Führung von Betreuungen allgemein nutzbar, wird grundsätzlich vermutet, dass sie auch für die Führung der dem Betreuer konkret übertragenen Betreuung nutzbar sind (§ 1 Abs. 2 S. 1 BVormVG). Die angefochtene Entscheidung stellt rechtsfehlerfrei fest, dass die Ausbildung des Beteiligten zu 1) an der Fachschule für Sozialpädagogik des Landeswohlfahrtsverbandes Baden diesem Kenntnisse vermittelt hat, die für die Führung von Betreuungen nutzbar sind. Ebenso rechtsfehlerfrei ist jedoch seine Feststellung, dass der Beteiligte zu 1) diese Kenntnisse nicht durch eine abgeschlossene Ausbildung erworben hat, die einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule vergleichbar ist.

I. Einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung dann, wenn sie in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Einer Hochschulausbildung gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht (OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2000, 214; BayObLG v. 6.9.2000 - 3Z BR 214/00, BayObLGReport 2001, 5 = FamRZ 2001, 187; BayObLGReport 2000, 35; BayObLG, Beschl. v. 12.1.2005 - 3Z BR 251/04; OLG Frankfurt v. 19.7.2002 - 20 W 241/02, OLGReport Frankfurt 2002, 277). Dies ist anzunehmen, wenn die Ausbildung in einer Einrichtung erfolgt, die einer überwiegend wissenschaftlichen Lehrstoffv...

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