Leitsatz (amtlich)

Für die Heilung eines Zustellungsmangels i.S.v. §§ 929 Abs. 2, 936, 172, 189, 187 ZPO genügt nicht die Übermittlung eines Telefaxes im Parteibetrieb über den Inhalt des Beschlusses des Gerichts, mit dem die einstweilige Verfügung erlassen wurde.

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen 2 O 522/03)

 

Tenor

1. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gem. § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese waren der Verfügungsklägerin (im Folgenden Klägerin) aufzuerlegen, da die einstweilige Verfügung (e.V.) aller Voraussicht nach aufzuheben gewesen wäre (§§ 936, 927 ZPO); denn diese wurde weder wirksam zugestellt noch ist entgegen der Ansicht des LG der Zustellungsmangel geheilt worden mit der Folge, dass die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt worden ist.

Die e.V. wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin am 22.12.2003 zugestellt (I, 63), womit die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO in Gang gesetzt worden ist. Die für die Wirksamkeit der e.V. nach §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO erforderliche Zustellung an den Gegner bzw. die Beklagte hätte gem. § 172 ZPO an deren Prozessbevollmächtigte erfolgen müssen. Ihre Bevollmächtigung hatten diese mit ihrer Schutzschrift vom 9.12.2003 ggü. dem LG angezeigt. Zwar ist nicht ersichtlich bzw. den Akten nicht zu entnehmen, wann die Klägerin von der Schutzschrift Kenntnis erlangt hat (vgl. zu diesem Erfordernis etwa Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 929 Rz. 13, 14), allerdings ist unbestritten geblieben, dass sie die Schutzschrift, wie von der Beklagten behauptet, tatsächlich erhalten hat. Von einer Bestellung der Bevollmächtigten der Beklagten musste die Klägerin jedenfalls deshalb ausgehen, weil sie zum einen die Schutzschrift der Bevollmächtigten vom 19.11.2003 in dem vorangegangenen Verfügungsverfahren beim LG Konstanz (2 O 496/03) - von ihnen vorgelegt mit ihrer Antragsschrift im vorliegenden Verfahren vom 16.12.2003 als Anlage - zuvor erhalten hatten und dieser zu entnehmen war, dass die Bevollmächtigten gerade auch zur Abwehr der Geltendmachung mietvertraglicher Betreiberpflichten bestellt waren, und sie zum anderen in dem Verfügungsantrag der Klägerin auch ausdrücklich als Prozessbevollmächtigte der Beklagten benannt waren. Im Übrigen haben die Klägervertreter dementsprechend ihren Verfügungsantrag den Beklagtenvertretern in einfacher sowie beglaubigter Abschrift mit Anschreiben vom 22.12.2003 von Anwalt zu Anwalt auch zugestellt (Anlg.-Heft Bekl. AG 12/2). Entgegen § 172 ZPO hat die Klägerin bzw. deren Bevollmächtigte dann aber die nach § 922 Abs. 2 ZPO vorzunehmende Zustellung der e.V. durch den Gerichtsvollzieher unmittelbar an die Beklagte vornehmen lassen (I, 79), die ihrer unbestritten gebliebener Darstellung nach das zugestellte Schriftstück nicht an ihre Bevollmächtigten weitergegeben hat, auch keine Kopie hiervon. Nach Ansicht des LG soll die fehlerhafte Zustellung dadurch geheilt worden sein, dass der Verfügungsbeschluss von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin denjenigen der Beklagten per Fax übermittelt worden ist. Allerdings handelt es sich bei dem, was den Bevollmächtigten der Beklagten übermittelt worden ist, nicht um eine gerichtliche Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der e.V., die den Bevollmächtigten der Klägerin vom Gericht zugestellt worden ist, sondern nach Vortrag der Klägerin eine ihren Bevollmächtigten bereits am 19.12.2003 vom Gericht vorab per Fax übermittelte Bekanntgabe der e.V., die diese noch am gleichen Tag an die Bevollmächtigten der Beklagten mit Anschreiben (Anlg.-Heft Kläger. AS 11) in Kopie übersandten. Auf diese Weise konnte eine Heilung des Zustellungsmangels indessen nicht erfolgen.

Nach § 189 ZPO (in der hier maßgeblichen Fassung des Zustellungsreformgesetzes vom 26.6.2001 - ZustRG) gilt ein Schriftstück, das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem das Schriftstück der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gem. gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Dass den Bevollmächtigten die der Beklagten im Parteibetrieb zugestellte beglaubigte Abschrift des Verfügungsbeschlusses (s. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 922 Rz. 11) zugegangen ist, sie eben dieses Schriftstück erhalten haben, und sei es nur in einer hiervon seitens der Beklagten gefertigten Kopie (s. hierzu OLG Braunschweig v. 7.9.1995 - 2 U 42/95, NJW RR 1996, 380 [381]; Hartmann in B/L/H/A, ZPO, 62. Aufl., § 189 Rz. 9), steht nicht fest. Zwar hatten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch Übermittlung des Telefax, das die Bevollmächtigten der Klägerin vorab vom LG erhielten, Kenntnis vom Inhalt der Beschlussverfügung. Dass dies zur He...

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