Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 21.02.2006; Aktenzeichen 10 O 822/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 24.01.2007; Aktenzeichen IV ZB 21/06)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Karlsruhe vom 21.2.2006 - 10 O 822/05 - in der Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 9.5.2006 abgeändert:

Aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils des LG Karlsruhe vom 11.1.2006 sind an Kosten zu erstatten 9.503,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.1.2006 von den Beklagten an die Klägerin.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.436,40 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Karlsruhe erschienen lediglich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sowie der Beklagte Ziff. 1 in Person. Ausweislich des Protokolls wurde der Sach- und Streitstand kurz erörtert. Die Klageanträge wurden angepasst, danach auf Antrag des Klägervertreters ein Versäumnisurteil verkündet, das die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegte.

Nach der Darstellung des Richters, den der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren um eine Stellungnahme gebeten hatte, habe sich die Erörterung im Wesentlichen auf Hinweise an den erschienenen Beklagten beschränkt, wie auch nachfolgend protokolliert worden sei. Eine weitere Erörterung mit dem Klägervertreter sei wegen des schlüssigen Sachvortrags nicht notwendig gewesen, indes habe der Klageantrag in Bezug auf das Grundbuch modifiziert werden müssen.

Nach der Darstellung der Klägerin habe der anwesende Beklagte zu 1) umfassend zur Vorgeschichte des Rechtsstreits vorgetragen, über die Versuche einer einvernehmlichen Lösung berichtet und auch versucht, in dem Termin eine solche herbeizuführen. Dazu habe auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Erklärungen abgegeben, insb. ausgeführt, dass auch nach Erlass eines Versäumnisurteils weiter die Möglichkeit bestehe, mit der Klägerin einvernehmliche Regelungen zu treffen.

Der Rechtspfleger des LG hat auf den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin die an die Klägerin von den Beklagten zu erstattenden Kosten einschließlich einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV festgesetzt.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer sofortigen Beschwerde und machen geltend, es sei lediglich eine 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV entstanden, da Hinweise des Gerichts zur Schlüssigkeit der Klage bzw. Berichtigung der angekündigten Anträge gebührenrechtlich nicht als Verhandeln bewertet werden könnten. Die Klägerin ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten.

Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 9.5.2006 nicht abgeholfen.

II. Die gem. §§ 104 Abs, 3, 567 Abs, 1, Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht hat das LG die Erfüllung der Voraussetzungen des Gebührentatbestandes der reduzierten Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV verneint, vielmehr ist hier lediglich eine reduzierte Verfahrensgebühr entstanden.

Wie Nr. 3105 RVG-VV zunächst voraussetzt, war hier eine Partei - die Beklagten - aufgrund des beim LG bestehenden Anwaltszwanges nicht ordnungsgemäß vertreten. Allerdings ist seitens der Klägerin nicht nur ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt worden, es ist vielmehr - davon ist nach der Darstellung des die Verhandlung leitenden Richters auszugehen - seitens des Gerichts auf eine Antragsanpassung hingewirkt worden und es sind Erklärungen zu den Berichten des erschienenen Beklagten und dessen Bemühen um eine einvernehmliche Lösung abgegeben worden. Dies würde nach dem Wortlaut des Gebührentatbestandes der Nr. 3105 RVG-VV zunächst für die Entstehung der vollen Terminsgebühr genügen, da Nr. 3105 voraussetzt, dass neben der nicht ordnungsgemäßen Vertretung lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil gestellt wird. So wird dies auch in Teilen der Literatur vertreten (vgl. Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, S. 502 Rz. 367 f.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, RVG, 17. Aufl., 2006, Nr. 3105 RVG-VV Rz. 27 m.d. Beispiel, dass der Prozessbevollmächtigte mit dem Gericht die Schlüssigkeit erörtert hat). Gegen diese Auffassung bestehen jedoch erhebliche Bedenken.

Nach den Motiven des Gesetzgebers (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen ... zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drucks. 15/1971, S. 212 f.) soll die Reduzierung nur dann gelten, wenn der Rechtsanwalt im Termin tatsächlich keine weiteren Tätigkeiten entfaltet. Da bei gleichzeitiger Anwesenheit bzw. Vertretung beider Parteien in aller Regel ein Mehr an Tätigkeit erfolgt, soll Voraussetzung sein, dass die gegnerische Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Dies stellt sicher, dass in den nicht selten vorkommenden Fällen, in denen in dem Termin trotz Erlass eines Versäumnisurteils verhandelt bzw. erörtert werden konnte, weil die Parteien erschienen oder ordnungsgem...

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