Leitsatz (amtlich)

1. Aufgrund des Beschlusses des EuGH vom 21.3.2002 – Gründerzentrum – ist davon auszugehen, dass die Gebühren für die durch einen badischen Amtsnotar erfolgte Beurkundung eines unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallenden Vorgangs als „Steuer” i.S.d. RL anzusehen sind.

2. Kostenansätze für die Leistungen eines badischen Amtsnotars sind – nur – dann mit der Gesellschaftssteuerrichtlinie unvereinbar, wenn sie, ohne unter die Ausnahmeregelung nach Art. 12 Abs. 1 der RL zu fallen, vom Verbotstatbestand des Art. 10 der Richtlinie erfasst werden.

3. Erfolgt die Verschmelzung zweier GmbHs in der Weise, dass das Kapital der übernehmenden Gesellschaft durch Einbringung des gesamten Vermögens der übertragenden Gesellschaft erhöht wird, so widerspricht der Ansatz einer Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags durch einen badischen Amtsnotar der Gesellschaftssteuerrichtlinie, soweit sich durch die Anwendung der Bestimmung Gebühren errechnen, die den tatsächlichen Aufwand übersteigen. Entsprechendes gilt für den Ansatz einer Gebühr nach § 47 S. 1 KostO für die Beurkundung von Zustimmungserklärungen der Anteilsinhaber zum Verschmelzungsvertrag sowie für den Ansatz einer Gebühr nach § 45 Abs. 1 S. 1 KostO für die Unterschriftsbeglaubigung zum Zwecke der Anmeldung der Verschmelzung im Handelsregister.

 

Normenkette

KostO § 36 Abs. 2, § 45 Abs. 1 S. 1, § 47

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen 6 T 95/00 B)

AG Überlingen (Aktenzeichen UR II 9/99)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin wird der Beschluss des LG Konstanz vom 12.7.2000 – 6 T 95/00 B –, soweit dieser auf die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Überlingen vom 7.2.2000 – UR II 9/99 – ergangen ist, aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des AG Überlingen vom 7.2.2000 – UR II 9/99 – die der Kostenrechnung der Landesoberkasse Freiburg vom 3.6.1998 (Kassenzeichen 4229861853038) zugrunde liegende Kostenrechnung des Notariats Meersburg II vom 18.5.1998 – II UR 665–667/97 – aufgehoben, soweit darin für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags eine Gebühr von 30.220 DM nebst Umsatzsteuer und für die Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse eine Gebühr von 10.000 DM nebst Umsatzsteuer angesetzt sind und soweit für Schreibauslagen 32 DM nebst Umsatzsteuer erhoben werden.

Die weiter gehende Beschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen.

3. Soweit die Kostenrechnung in Bezug auf die Kostenansätze für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags und der Gesellschafterbeschlüsse aufgehoben wurde, wird die Sache an das Notariat II Meersburg – Kostenbeamter – zur erneuten Entscheidung über die Kostenansätze hinsichtlich der Beurkundung des Verschmelzungsvertrags und der Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse zurückgegeben.

4. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

A. 1. In der am 15.8.1997 errichteten Urkunde II UR 665/97 (AS. 1/13) hat der Notar beim Notariat II Meersburg – jeweils unter Verwendung eines Fremdentwurfs – beurkundet:

a) den Verschmelzungsvertrag zwischen der W.-GmbH mit Sitz in M. (übernehmender Rechtsträger) und der J.-GmbH mit Sitz in N. (übertragender Rechtsträger [AS. 1/7]),

b) die in den zugleich durchgeführten Gesellschafterversammlungen der beteiligten Gesellschaften gefassten Zustimmungsbeschlüsse sowie die das Klagerecht, den Verschmelzungsbericht und die Prüfung des Verschmelzungsvertrags betreffenden Verzichtserklärungen (AS. 9/11 bzw. AS. 13) und

c) den zugleich gefassten Gesellschafterbeschluss über die Erhöhung des Stammkapitals der übernehmenden Gesellschaft von 2.200.000 DM um 100.000 DM auf 2.300.000 DM und die Neufassung der entsprechenden Bestimmung des Gesellschaftsvertrags (AS. 9/11).

Ferner hat der Notar am 15.8.1997 die Unterschriften unter den Anmeldungen der Verschmelzung zu den Handelsregistern bei den AG Überlingen und Pforzheim beglaubigt (II UR 666/97 [AS. 15] und II UR 667/97 [AS. 17]).

2. Die der Beschwerdeführerin als Kostenschuldnerin übermittelte Kostenrechnung der Landesoberkasse Freiburg vom 3.6.1998 (AS. 67) weist folgende in der Kostenrechnung des Kostenbeamten des Notariats II Meersburg vom 18.5.1998 (AS. 65) angesetzte Gebühren und Auslagen nebst Umsatzsteuer aus:

Beurkundung des Verschmelzungsvertrags

(§ 36 Abs. 2 KostO) 30.220,00 DM

Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse

(§ 47 KostO) 10.000,00 DM

Unterschriftsbeglaubigung (§ 45 Abs. 1 KostO) 40,00 DM

Unterschriftsbeglaubigung (§ 45 Abs. 1 KostO) 87,50 DM

Schreibauslagen (§ 136 Abs. 1, Abs. 3 KostO) 32 DM

15 % Umsatzsteuer aus 40.379,50 DM 6.056,93 DM

46.436,43 DM

3. Gegen die Kostenrechnung hat die Kostenschuldnerin mit Schriftsatz vom 20.12.1999 (AS. 87/99) Erinnerung eingelegt.

Sie wendet sich weder dagegen, als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen zu werden, noch zieht sie in Zweifel, dass die Gebührenrechnung den Vorschriften der KostO entspricht. Unter Hinweis auf das Urteil des ...

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