Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung des Wohnungseigentums
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Beschluss vom 08.08.1979; Aktenzeichen 1 O 161/79) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigen der Beklagten wird der Beschluß des Landgerichts Baden-Baden vom 8. August 1979 abgeändert. Der Streitwert wird auf
280 000,– DM
festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ist zulässig und begründet.
Der Wert des Streitgegenstandes des vorliegenden Rechtsstreits auf Entziehung des Wohnungseigentums der Beklagten gemäß § 18 WEG ist gemäß §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen. § 6 ZPO findet keine Anwendung, da die Klage nicht auf den Besitz des Wohnungseigentums der Beklagten gerichtet ist (vgl. LG München 1, Rechtspfleger 70, 93; LG Nürnberg-Fürth, JurBüro 64, 830; LG Stuttgart, Anwaltsbl. 72, 232; Schmidt JurBüro 64, 863).
Maßgeblich für die Wertermittlung ist dabei das Interesse der Klägerin am Ausscheiden der Beklagten aus der Eigentümergemeinschaft und an der Veräußerung ihres Anteils. Insofern ist die Klage gem. § 18 WEG derjenigen auf Ausschluß eines Mitgesellschafters aus einer Gesellschaft vergleichbar. Dieses Interesse der Klägerin ist jedoch höher zu bewerten als ihr bloßes Interesse an der Beseitigung der Störung, deretwegen sie Klage gem. § 18 WEG erhoben hat (a.A. Rohs, Rechtspfleger 70, 93). Die Beseitigung der Beeinträchtigung war nicht Ziel, sondern Anlaß und Motiv für die Klage. Für sich allein hätte sie von der Klägerin im Verfahren gem. § 43 ff WEG durchgesetzt werden können. Ziel der Klage war vielmehr darüberhinaus, das Ausscheiden der Beklagten aus der Wohnungseigentümergemeinschaft und die Veräusserung ihres Wohnungseigentums zu erreichen (vgl. LG Stuttgart a.a.O.).
Bei der Klage auf Ausschluß eines Gesellschafters bemißt sich das Interesse der klagenden Gesellschafter am Ausscheiden des beklagten Mitgesellschafters in der Regel nach den Werten ihrer Geschäftsanteile, wobei in Ausnahme fällen auch ein geringerer Wert zugrundegelegt werden kann (BGH 19, 172 (175)). Dieser Grundsatz kann für die Klage nach § 18 WEG nicht uneingeschränkt Anwendung finden. Insbesondere bei großen Wohnanlagen würde dies zu einem unangemessenen und unbilligen Ergebnis sowie zu einem weit überhöhten Streitwert führen. Als Obergrenze hat vielmehr der Verkehrswert des Wohnungseigentums des Störers zu gelten, über diesen Wert geht das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer am Ausscheiden des Störers in der Regel nicht hinaus.
Im Ergebnis wird daher für den Streitwert einer Klage gem. § 18 WEG in aller Regel der Verkehrswert des Wohnungseigentums des Beklagten maßgeblich sein (so die h.M., vgl. E. Schneider, Streitwert, Kommentar für den Zivilprozeß, 4. Aufl. S. 619; Schmidt-Schmidt, der Gegenstandswert in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten, 2. Aufl., RZ 114; Schmidt, JurBüro 64, 863, dessen Begründung, dies ergebe sich aus der unmittelbaren Wirkung des Urteils gem. § 19 WEG, mit Rohs a.a.O. nicht gefolgt werden kann; a.A. wohl HillachRohs, Handbuch des Streitwertes, 4. Aufl. § 41 A IV).
Bei der Ermittlung des Verkehrswertes eines Wohnungseigentums bleiben dessen Belastungen außer Betracht. Der Wert des Wohnungseigentums der Beklagten beträgt vorliegend unstreitig mindestens 280 000,– DM.
Wegen der Kosten der Beschwerde vgl. § 25 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Kraus Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, Roesner Richter am Oberlandesgericht, Braungardt Richter am Oberlandesgericht
Fundstellen