Entscheidungsstichwort (Thema)
medizinische Leistungen für Sicherungsverwahrte. sofortige Beschwerde gegen Nichtbewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen über medizinische Leistungen für Sicherungsverwahrte
2. Unstatthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
1. § 36 Abs. 1 JVollzGB V BW begründet keinen Anspruch auf eine bestimmte Behandlungsmaßnahme. 2. Die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlungsmaßnahme und die Auswahl der Behandlungsmethode erfolgt allein nach ärztlichen Kriterien.
3. Bei der Entscheidung über die Gewährung der Maßnahme steht dem Anstaltsleiter im Rahmen seiner Organisationshoheit ein nur beschränkt gerichtlich überprüfbarer Ermesssensspielraum zu.
4. Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht ist im gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz unstatthaft.
Normenkette
JVollzGB V BW § 36 Abs. 1; StVollzG §§ 58, 120 Abs. 2; ZPO § 127 Abs. 2 S. 2 Hs. 2
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 31.01.2020; Aktenzeichen 13 StVK 104/18) |
Tenor
- Dem Antragsteller wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 31.1.2020 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 31.1.2020 hinsichtlich des Antrags auf Neubescheidung und die Verfügung der Antragsgegnerin vom 28.2.2018 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
- Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 31.1.2020 wird als unzulässig verworfen.
- Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Antragsteller hieraus entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse, die Kosten des Verfahrens über die sofortige Beschwerde trägt der Antragsteller.
- Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller befindet sich im Vollzug der Sicherungsverwahrung. Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 12.2.2018 wandte er sich an die Antragsgegnerin, weil nach seiner Darstellung mehrfach gestellten Anträgen auf Einzelvorführung aus medizinischen Gründen zu - regelmäßig stattfindenden - Arzt- und Krankengymnastikterminen nicht nachgekommen wurde. Am 28.2.2018 lehnte die Antragsgegnerin dies auf der Grundlage einer Stellungnahme des Anstaltsarztes ab. Mit dem am 13.3.2018 gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrte der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn zu Arzt- und Sanitätssprechstunden sowie zu Terminen bei der Krankengymnastik einzeln vorzuführen, hilfsweise ihn neu zu bescheiden. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 31.1.2020 wies das Landgericht Freiburg die Anträge ebenso wie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten zurück. Gegen diesen der Verfahrensbevollmächtigten am 4.2.2020 zugestellten Beschluss erhob der Antragsteller zunächst mit eigenem am 11.2.2020 eingekommenem Schreiben "Einspruch". Am 10.3.2020 erhob und begründete er die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 31.1.2020 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts Freiburg und legte Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ein. Gleichzeitig beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde (§§ 118 Abs. 1, 138 Abs. 3 StVollzG) ist zu entsprechen, nachdem sich aus den Akten ergibt, dass der Antragsteller rechtzeitig beim Landgericht Freiburg die Protokollierung der Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf den Fristlauf beantragt hat und die Protokollierung allein aus innerhalb der Gerichtsorganisation liegenden Gründen nicht fristgerecht erfolgte (§§ 120 Abs. 1 Satz 2, 138 Abs. 3 StVollzG, 44 Satz 1 StPO).
III.
Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags auf Neubescheidung zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§§ 116 Abs. 1, 138 Abs. 3 StVollzG), und begründet. Im Übrigen bleibt der Rechtsbeschwerde der Erfolg versagt.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht den gestellten Antrag an § 36 Abs. 1 JVollzGB V BW gemessen, da es um den Zugang zu medizinischen Leistungen geht und der Anspruch mit medizinischen Gründen begründet wird.
2. Die Regelung in § 36 Abs. 1 JV...