Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung. Prozeßkostenhilfeabänderung, Beschwerde

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengerichts – Pforzheim vom 7.11.1994 (1 F 60/90) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Parteien war beim Familiengericht Pforzheim ein Scheidungsverfahren anhängig. Mit Beschluß des Familiengerichts vom 26.6.1990 (1 F 60/90) wurde der Antragstellerin ratenfreie Prozeßkostenhilfe bewilligt.

Mit weiterem Beschluß vom 17.11.1994 hat das Familiengericht (Rechtspflegerin) den Beschluß vom 26.6.1990 gemäß § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO dahin abgeändert, daß ab 1.1.1995 monatliche Raten von 90 DM auf die Prozeßkosten zu zahlen sind.

Hiergegen hat die Antragstellerin Erinnerung eingelegt, mit der sie geltend macht, daß die Ratenzahlungsverpflichtung höchstens für die Dauer von 48 Monaten bestehe und diese Frist zum Zeitpunkt des Abänderungsbeschlusses bereits verstrichen sei.

Das Familiengericht hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung (§ 11 Abs. 2 RpflG) ist gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

1. Haben sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geändert, kann das Gericht gemäß § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO nachträglich anordnen, daß monatliche Raten auf die Prozeßkosten zu zahlen sind.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei haben sich unstreitig verbessert.

2. Der Anordnung von Ratenzahlungen auf die Prozeßkosten steht nicht entgegen, daß seit der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe über 48 Monate verstrichen sind.

Die Frage, ob Monate mit Ratenfreiheit, die das Gericht wegen anfänglich schlechter Einkommensverhältnisse eingeräumt hat (§ 120 Abs. 1 ZPO), bei der zeitlichen Begrenzung der 48 Monatsraten mitzurechnen sind, ist streitig.

Der Senat ist der Ansicht, daß sog. „Null-Monats-Raten” in den 48-Monate-Zeitraum nicht einzubeziehen sind (so im Ergebnis auch OLG Bamberg, JurBüro 1991, 1669; OLG Nürnberg, 11. Z.S., FamRZ 1993, 578; OLG Düsseldorf, FamRZ 1993, 341; OLG Koblenz, RPfleger 1993, 497; OLG Saarbrücken, FamRZ 1993, 1335; OLG München/Augsburg, RPfleger 1994, 218; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 115 Rn. 81).

a) Dafür spricht bereits der eindeutige Wortlaut der Anlage 1 zu § 114 ZPO, nach deren Eingangssatz höchstens 48 Monatsraten nach der Tabelle „aufzubringen” sind. Dies setzt begrifflich voraus, daß tatsächlich Geldzahlungen zu leisten sind, was bei sog. „Null-Monats-Raten” nicht der Fall ist, da sie nicht „aufgebracht” werden können.

b) Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, aus den Materialien zur Einführung des § 120 Abs. 4 ZPO durch das Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9.12.1986 (vgl. BT-Drucks. 8/3068, S. 4, 24, 44, 53; BT-Drucks. 8/3694, S. 1, 17; BT-Drucksache 10/3054, S. 22, 37) den Schluß zu ziehen, daß bei der Begrenzung nachträglicher Ratenfestsetzung auch ratenfreie Monate mitzurechnen sind (so aber OLG Karlsruhe, 16. Z.S., FamRZ 1992, 1449, 1450 m.w.N.). Die Entwürfe der Bundesregierung vom 8.11.1984 und 18.3.1985 sahen zwar vor, in der Anlage 1 zu § 114 ZPO in der ersten Zeile der Spalte „Monatsrate” die Zahl „Null” durch das Wort „keine” zu ersetzen – um dadurch klarzustellen, daß Zeiträume, in denen keine Zahlungsverpflichtung besteht, nicht mitzuzählen sind (BT-Drucks. 522/84 und 10/3054, jeweils S. 6) –, insoweit sind die Entwürfe aber gerade nicht Gesetz geworden.

Diese Entstehungsgeschichte ist hier nur insoweit von Bedeutung, als eine Änderung der Vorschriften des § 120 Abs. 1 S. 2 und Abs. 4 S. 3 ZPO, die beide auf einen Vierjahreszeitraum abstellen, durch das Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz vom 10.10.1994 (BGBl. I S. 2954) bewußt nicht erfolgt ist. Der Gesetzgeber hat damit in Kenntnis der Streitfrage wie dies in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Art. 1 Nr. 2§ 115 Abs. 1 S. 4 ZPO – (BT-Drucks. 12/6963, S. 25) zum Ausdruck kommt, erneut davon abgesehen, ratenfreie Monate auf die Zahl der zu erbringenden Raten anzurechnen. Die Begrenzung der Zahlungspflicht auf 48 Monate ist ausweislich der Gesetzesmaterialen nicht als eine zeitliche, sondern ausdrücklich als „Begrenzung der Zahlungsverpflichtung” konzipiert worden, mit dem Ziel, „die notwendige Überschaubarkeit der durch die Prozeßführung erwachsenden Kosten” zu gewährleisten (a.a.O., S. 28). Dem entspricht es, daß auch bei der Anordnung einer Ratenzahlung auf die Prozeßkosten diejenigen Monate, in denen eine Ratenzahlung der Anordnung zuwider nicht geleistet wird, auf die 48 Monate nicht angerechnet werden, daß mithin nicht der Zeitablauf das entscheidende Kriterium der Begrenzung der Verpflichtung ist, sondern vielmehr der Zahlungsaufwand. Während somit die Anlage 1 zu § 114 ZPO und nunmehr entsprechend § 115 ZPO n.F. den Begriff 48 Monate numerisch faßt, begreifen ihn die Vorschriften der §§ 120 Abs. 1 S. 2 und 120 Abs. 4 S. 3 ZPO ausschließlich temporal, als „zeitliche Begrenzung” (a.a.O. S. 25).

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