Leitsatz (amtlich)

Eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV für mehrere Auftraggeber fällt für den gemeinsamen Prozessbevollmächtigten in einem Vergabenachprüfungsverfahren nicht an, wenn selbständige Verkehrsunternehmen (Sektorenauftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB) ihren Beschaffungsbedarf bündeln und sich zur Durchführung einer gemeinsamen Ausschreibung und einheitlichen Beschaffung jedenfalls faktisch zusammenschließen. Auf die Art der vorgesehenen Abrechnung des späteren Vergütungsanspruchs (Gesamtrechnung oder Einzelrechnungen; gesamtschuldnerische Haftung oder lediglich anteilige Schuld entsprechend der Teillieferung an das jeweilige Unternehmen) kommt es nicht entscheidend an. Der einheitlich zu vergebende Auftrag zu einheitlichen Bedingungen, wenn auch mit getrennter Abrechnung, gleicht so weitgehend dem Beschaffungsvorgang durch eine Auftraggebergemeinschaft in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, dass kostenrechtlich - wie bei einer Bietergemeinschaft auf Auftraggeberseite - eine Gleichbehandlung angezeigt ist (wie OLG Düsseldorf, B. v. 29.5.2006 - Verg 79/04).

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1008

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Baden-Württemberg (Beschluss vom 18.01.2007; Aktenzeichen 1 VK 21/06)

 

Tenor

1. Auf die als befristete Erinnerung auszulegende sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des OLG Karlsruhe vom 18.1.2007 - 17 Verg 2/06 - dahingehend abgeändert, dass die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerinnen Ziff. 2 bis 17 zu erstattenden Kosten auf 6.041,41 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 27.12.2006 festgesetzt werden.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Gegenstandswert des Erinnerungsverfahrens wird auf 5.108 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch Beschluss vom 8.12.2006 hat der Senat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium Karlsruhe vom 9.6.2006 - 1 VK 21/06, soweit nicht zurückgenommen, zurückgewiesen und der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt.

Auf Antrag der Antragsgegnerinnen Ziff. 2 - 17 sind die im Beschwerdeverfahren zu erstattenden Kosten durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.1.2007 antragsgemäß unter Ansatz von zwei 2,0-Erhöhungsgebühren nach Nr. 1008 RVG-VV zu je 2.554 EUR auf insgesamt 11.149,41 EUR nebst Zinsen festgesetzt worden. Gegen den ihr am 23.1.2007 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss wendet sich die Antragstellerin mit der am 6.2.2007 beim OLG eingegangenen sofortigen Beschwerde, welcher der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin macht unter Hinweis auf einen Beschluss des OLG Düsseldorf vom 29.5.2006 geltend, eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV sei nicht anzusetzen.

Die Antragsgegnerinnen Ziff. 2-17 treten der Erinnerung, die sie für unbegründet halten, entgegen.

II. Die als Erinnerung auszulegende sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft und zulässig (§§ 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG, 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 104 Abs. 3 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV ist nicht gerechtfertigt. Die Antragsgegnerinnen Ziff. 2-17, 16 selbständige Verkehrsunternehmen, haben sich zur Durchführung einer gemeinsamen Ausschreibung und einheitlichen Beschaffung zusammengetan. Zwar sollte - nach Maßgabe der einheitlichen Vergabeentscheidung an einen Bieter - die Abrechnung mit den einzelnen Unternehmen jeweils gesondert entsprechend der an diese ausgelieferten Geräte erfolgen. Insbesondere war eine gesamtschuldnerische Haftung der Unternehmen für den Gesamtauftrag nicht vorgesehen. Dieser Umstand rechtfertigt eine Erhöhungsgebühr aber nicht. In der Gesamtbetrachtung gleicht der einheitlich zu vergebende Auftrag zu einheitlichen Bedingungen, wenn auch mit getrennter Abrechnung, so weitgehend dem Beschaffungsvorgang durch eine Auftraggebergemeinschaft in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, dass kostenrechtlich eine Gleichbehandlung angezeigt ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.5.2006 - Verg 79/04). Der Senat teilt die Auffassung des OLG Düsseldorf, dass - wie bei einer Bietergemeinschaft - auch bei einem Zusammenschluss auf Auftraggeberseite die Auftraggeber kostenrechtlich wie ein einziger Auftraggeber zu behandeln sind, wenn sie sich - wie hier - für die Dauer und die Durchführung des Vergabeverfahrens jedenfalls faktisch zusammenschließen. Ein weiter gehender gemeinsamer Leistungszweck über die Durchführung des Verfahrens hinaus ist nicht erforderlich. Auf die vorgesehene spätere Abrechnungsart des Auftrags und die Frage, ob die einzelnen Unternehmen gesamtschuldnerisch für den Gesamtauftrag haften, kommt es nicht entscheidend an. Maßgeblich ist vielmehr, dass die einheitliche Ve...

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