Leitsatz (amtlich)
1. Fehlt die Unterschrift unter dem schriftlichen Prozesskostenhilfegesuch und unter der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ist dies unschädlich, wenn feststeht, von wem Prozesskostenhilfegesuch und Erklärung stammen.
2. Die Vorlage von Belegen i.S.d. § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO ist kein Formerfordernis des Prozesskostenhilfegesuchs. Werden Belege für Belastungspositionen nicht vorgelegt, können diese außer Betracht gelassen werden; der Prozesskostenhilfeantrag kann dann nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 ZPO zurückgewiesen werden.
Verfahrensgang
AG Mannheim (Beschluss vom 28.01.2003; Aktenzeichen 7B F 113/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der ihm Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des AG – FamG – Mannheim vom 28.1.2003 – 7B F 113/02 – aufgehoben.
Die erneute Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch des Antragsgegners wird dem AG übertragen.
Gründe
Der Antragsgegner hat zu Beginn des Anhörungstermins vom 24.1.2003 einen nicht unterschriebenen Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 23.1.2003 nebst Anlagen übergeben lassen, nämlich: nicht unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 23.1.2003, Verdienstbescheinigungen für August, September und Oktober 2002. Die Übergabe hat er mit der Erklärung verbinden lassen, er habe keinen Mietvertrag, so dass er ihn auch bislang nicht habe vorlegen können. Er werde nachgereicht werden.
Mit dem Beschluss vom 28.1.2003 hat das AG zur Sache entschieden und unter Nr. 3 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Es hat auf die fehlenden Unterschriften hingewiesen und darauf, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit drei Verdienstabrechnungen nicht belegt seien.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat Erfolg.
I. Die fehlenden Unterschriften sowohl unter dem schriftlichen Prozesskostenhilfegesuch als auch der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse schaden nicht. Es steht fest, dass das Prozesskostenhilfegesuch selbst von der es übergebenden Rechtsanwältin X. stammt sowie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von dem Antragsgegner persönlich. Dann kann auch auf die Unterschrift verzichtet werden (BGH, Beschl. v. 10.7.1985 – IV B 47/85, FamRZ 1985, 1017 [1018]).
II. In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind die Bruttoeinnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nicht ausgefüllt. In der dafür vorgesehenen Rubrik findet man den Vermerk: „s. Anl.”, also gemeint wohl: siehe Anlagen. Die Anlagen bestehen aus den bereits erwähnten drei Verdienstbescheinigungen. Sie weisen aus, dass der Antragsgegner bei dem die Bescheinigung ausstellenden Unternehmen am 19.8.2002 eingetreten ist. Für August 2002 betragen die Bezüge – jeweils auf volle Euro gerundet – brutto 601 Euro, netto 521 Euro; für September brutto 1.302 Euro, netto 1.132 Euro; für Oktober 2002 brutto 1.714 Euro, netto 1.483 Euro. Dies ermöglichte die Feststellung, dass der Antragsgegner jedenfalls ab Oktober 2002 Nettobezüge von 1.483 Euro angeben wollte und hierfür die Gehaltsabrechnung für Oktober 2002 als Beleg i.S.d. § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO vorlegte. Genügte dem AG dieser Beleg nicht, musste es den Antragsgegner zur Ergänzung oder zur Vorlage der gewünschten Unterlagen auffordern (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 117 Rz. 19a).
III. Die Wohnkosten waren in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit 633 Euro angegeben. Im Anhörungsprotokoll heißt es bei der Beurkundung der Übergabe des Prozesskostenhilfegesuchs wörtlich: „Den Mietvertrag hat mein Mandant nicht, so dass er bislang nicht vorgelegt werden konnte. Er wird nachgereicht werden.”
Dem hat die amtierende Richterin nicht widersprochen, so dass der Antragsgegner davon ausgehen konnte, die nachträgliche Vorlage sei ihm gestattet. Im Übrigen hätte die Nichtvorlage des Mietvertrages allenfalls erlaubt, bei der Berechnung der Prozesskostenhilfe vom Ansatz von Mietkosten überhaupt abzusehen. Denn wie zu den Einkommensverhältnissen ist auch zur Höhe der Mietkosten die Vorlage von Belegen kein Formerfordernis des Prozesskostenhilfegesuchs, sondern dient allein der Glaubhaftmachung. Nicht glaubhaft gemachte Belastungspositionen können dann aber allenfalls außer Betracht gelassen werden, weil insoweit die Entscheidungsgrundlage fehlt. Der Prozesskostenhilfeantrag kann dann nur noch dann zurückgewiesen werden, wenn ein Fall des § 115 Abs. 3 ZPO vorliegt.
IV. Die abschließende Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch des Antragsgegners ist dem AG zu übertragen, da dieses noch nicht die Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung des Antragsgegners geprüft hat. Bei der erneuten Entscheidung ist das AG nicht gehindert, von dem Antragsgegner eine Erklärung nebst Belegen darüber anzufordern, ob er, seit dem 11.1.2003 arbeitslos, dies noch immer ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1124401 |
FamRZ 200... |