Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung nach § 159 GVG. Rechtshilfeersuchen in Nachlasssachen

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach §§ 194 Abs. 1, 2 FGG; § 5 I LFGG sind für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen in Nachlasssachen auch die baden-württembergischen Notariate als Nachlassgerichte zuständig.

 

Normenkette

FGG § 194 Abs. 1-2; LFGG § 5 I

 

Verfahrensgang

AG Bamberg (Entscheidung vom 21.07.1993; Aktenzeichen VI 0017/93)

 

Tenor

Das Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Bamberg (Geschäftsnummer: VI 0017/93) vom 21. Juli 1993 – wiederholt am 09.09.1993 – wird für unzulässig erklärt.

 

Gründe

1. Das Amtsgericht Bamberg hat in der Nachlaßsache des am 25.12.1992 verstorbenen … mit Beschluß vom 12.01.1993 Nachlaßpflegschaft angeordnet, deren Wirkungskreis die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben umfaßt.

Gemäß Verfügung vom 21.07.1993 wurden die Nachlaßakten an das Amtsgericht Heidelberg versandt „mit dem Ersuchen um erbrechtliche Anhörung und Entgegennahme eventueller Anträge bzw. Ausschlagungserklärungen” von zehn Personen. Im Anschluß daran wird gebeten „darauf hinzuwirken, daß die erforderlichen Personenstandsurkunden vorgelegt werden und eventuell in Vollmacht für weitere Beteiligte gehandelt wird”. Schließlich wird hinsichtlich der nachverstorbenen … auf Feststellungen des Nachlaßpflegers verwiesen, falls keine Testamentserbfolge vorliege; ein entsprechender weiterer Erbnachweis möge dem Amtsgerichts Bamberg oder dem Nachlaßpfleger zugesandt werden.

Dieses Ersuchen erhielt unter dem 30.07.1993 den Eingangsstempel der „Posteingangsstelle der Justizbehörden Heidelberg 2” und – unter dem gleichen Datum – den Eingangsstempel des Notariats Heidelberg.

Dort wurde vom Notariat 4 – Nachlaßgericht – mit Verfügung vom 25.08.1993 das Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Bamberg unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Karlsruhe – 4. Zivilsenat in Freiburg – vom 23.02.1977 (4 W 3/77) abgelehnt, da es „auch nach der Regelung des § 158 GVG unzulässig” sei. Außerdem falle ins Gewicht, daß ein Nachlaßpfleger mit der Aufgabe der Ermittlung der Erben bestellt sei; dessen Sache sei es, die Erbenermittlung so weit zu betreiben, daß ohne weiteres ein Erbscheinsantrag gestellt werden könne.

Mit Verfügung vom 09.09.1993 gab das Amtsgericht Bamberg die Akte erneut an das Notariat 4 – Nachlaßgericht – in Heidelberg mit der Bitte um nochmalige Prüfung und Erledigung des Ersuchens zurück unter Hinweis darauf, daß in Bayern die Erbenermittlung gemäß Art. 37 Abs. 1 AGGVG von Amts wegen durchzuführen sei. Der Nachlaßpfleger habe im vorliegenden Falle bereits eine ausführliche Erbskizze erstellt, die den Beteiligten vorgelegt und ggf. ergänzt werden solle (insbesondere …). Ein Erbscheinsantrag sei derzeit wohl noch nicht zu beurkunden, dies könne zur gegebenen Zeit natürlich von einem der Beteiligten nachgeholt werden. Die Beteiligte … solle insbesondere über das ihrer Mutter angefallene Erbe informiert und eine eventuelle eigene Antragstellung hinsichtlich des Erbes nach der Mutter angeregt werden, da zur Abwicklung ein Erbschein auch nach …. benötigt werde. Weiter werde darum gebeten, eine entsprechende Erklärung aufzunehmen, soweit die Beteiligten das Erbe annehmen; Personenstandsurkunden könnten gegebenenfalls „von hier direkt bei den Beteiligten angefordert werden”.

Unter dem 17.09.1993 gab das Notariat 4 in Heidelberg die Akte dem Amtsgericht Bamberg zurück mit dem Bemerken, aus den Gründen der Verfügung vom 25.08.1993 würde die Ablehnung des Rechtshilfeersuchens nach nochmaliger Überprüfung aufrechterhalten.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Bamberg legte daraufhin mit Verfügung vom 22.09.1993 die Akte dem Senat mit dem Antrag vor, über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Rechtshilfeersuchens zu entscheiden.

2. a) Die Voraussetzungen für eine Anrufung des OLG Karlsruhe nach § 2 FGG i. V. m. § 159 Abs. 1 Satz 1 GVG liegen vor. Die Vorlage konnte durch den Rechtspfleger beim Amtsgericht Bamberg erfolgen, in dessen Zuständigkeitsbereich die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende Tätigkeit fällt (§ 3 Nr. 2 b i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG). Ein Erinnerungsverfahren nach § 11 RpflG (hierfür Zöller, ZPO, 17. Aufl., § 159 GVG Rdnr. 2; dagegen zu Recht OLG München RPfleger 1973, 19) ist im vorliegenden Falle schon deshalb nicht in Betracht zu ziehen, da die Ablehnung des Rechtshilfeersuchens nicht durch einen Rechtspfleger erfolgte, sondern durch den Notar als nach § 38 des baden-württembergischen Landesgesetzes über die Freiwillige Gerichtsbarkeit vom 12. Februar 1975 (Gesetzblatt Seite 116 – im folgenden: LFGG) zuständigem Nachlaßrichter.

Für die hier zu treffende Entscheidung ist es auch ohne Belang, daß das Amtsgericht Bamberg sein Rechtshilfeersuchen ursprünglich an das Amtsgericht Heidelberg gerichtet hat, dieses Gesuchen dann aber – ohne daß den vorliegenden Akten eine entsprechende Verfügung zu entnehmen wäre – sodann vom Notariat 4 in Heidelberg (als Nachlaßgericht) in die weitere Bearbeitung genomm...

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