Tenor

  • 1.

    Die Auslieferung des Verfolgten nach Ungarn aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts X. vom 16. August 2016 wird für derzeit unzulässig erklärt.

  • 2.

    Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Verfolgten fallen der Staatskasse zur Last.

  • 3.

    Eine Entschädigung für die erlittene Auslieferungshaft wird nicht bewilligt.

  • 4.

    Der Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 06. April 2017 wird aufgehoben.

  • Die sofortige Freilassung des Verfolgten wird angeordnet.

 

Gründe

I.

Gegen den am 18.04.2017 aufgrund Auslieferungshaftbefehls des Senats vom 06.04.2017 festgenommenen Verfolgten besteht ein Europäischer Haftbefehl des Bezirksgerichts X. vom 16.08.2016, aus welchem sich ergibt, dass gegen diesen ein nationaler Haftbefehl der Bezirksstaatsanwaltschaft X. vom 11.08.2016 auch unter dem mit einer Höchststrafe von acht Jahren strafbewehrten Vorwurf des Betruges besteht. Die dem Verfolgten zur Last liegenden Straftaten werden im Europäischen Haftbefehl nebst rechtlicher Bewertung wie folgt umschrieben:

Wird ausgeführt

Der Verfolgte hat bei seiner richterlichen Anhörung vom 18.04.2017 vor dem Amtsgericht Heidelberg einer vereinfachten Auslieferung nicht zugestimmt und - auch über seinen Rechtsbeistand - Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Auslieferung erhoben. Er hat die Tat in Abrede gestellt und über seinen Rechtsbeistand zu den Haftverhältnissen in Ungarn wie folgt ausgeführt:

Wird ausgeführt:

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat am 20.04.2017 beantragt, die Auslieferung für zulässig zu erklären; zugleich hat sie entschieden, dass nicht beabsichtigt sei, Bewilligungshindernisse geltend zu machen.

Mit Beschluss vom 26.04.2017 hat der Senat aufgrund der von dem Verfolgten vorgebrachten Einwendungen eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für notwendig angesehen und die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe um Einholung entsprechender Erklärungen bei den ungarischen Justizbehörden zu folgenden Fragen gebeten, wobei für die Beibringung eine Frist bis 24.05.2017 gesetzt wurde (§ 30 Abs.1 Satz 2 IRG):

a. namentliche Benennung der Haftanstalt, in die der Verfolgte nach erfolgter Auslieferung aufgenommen und in der er während der Dauer der der Untersuchungshaft und der Strafhaft inhaftiert sein würde;

b. Zusicherung, dass die räumliche Unterbringung und die sonstige Gestaltung der Haftbedingungen in diesen Haftanstalten während der Untersuchhaft und einer sich ggf. anschließenden Strafhaft den Europäischen Mindeststandards entsprechen und dem Verfolgten dort keine unmenschliche oder erniedrigende Strafhaft oder Behandlung i.S.v. Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten droht;

c. Beschreibung der Haftbedingungen in den namentlich benannten Haftanstalten, insbesondere im Hinblick auf Zahl der Haftplätze, Gesamtzahl der Gefangenen, Anzahl, Größe und Ausstattung der Hafträume, sanitäre Einrichtungen und Verpflegungsbedingungen;

d. Mitteilung, ob es möglich ist, dass der Verfolgte während seiner Haftzeit in Ungarn, insbesondere im Falle einer Strafhaft, in eine andere Haftanstalt verlegt wird; in diesem Fall wird um Abgabe einer Zusicherung gebeten, dass auch diese Haftanstalt bezüglich der Haftbedingungen den Europäischen Mindeststandards entsprechen wird.

Am 17.05.2017 hat die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe dem Senat sodann ein vom diesem Tage datierendes Schreiben des ungarischen Justizministeriums vorgelegt, dass wortgleich mit einer Auskunft in einem anderen vom Senat bei den ungarischen Justzbehörden betriebenen, beim Senat anhängigen Auslieferungsverfahren wie folgt lautet:

II.

Die Auslieferung des Verfolgten nach Ungarn aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts X. vom 16.08.2016 ist derzeit nicht zulässig.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die ungarischen Justizbehörden die detailierten Anfragen des Senats in seinem Beschluss vom 26.04.2017 nicht beantwortet haben und auch mit einer diesbezüglichen zeitnahen Erklärung nicht zu rechnen ist. Dies führt vorliegend zur zumindest derzeitigen Unzulässigkeit der Auslieferung, da ohne die erbetenen Erklärungen und Zusicherungen über die Zulässigkeit der Auslieferung nicht entschieden werden kann (vgl. hierzu Schomburg/Lagodny/Gless/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage 2012, § 30 IRG Rn. 8).

Insoweit merkt der Senat lediglich ergänzend an, dass dem Schreiben des ungarischen Justizministeriums vom 17.05.2017 bezüglich der vom Senat aufgeworfenen Fragen lediglich allgemein zu entnehmen ist, dass in Ungarn neben einer Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich Rechtsmittel von Gefangenen gegen ihre Haftbedingungen die Renovierung und Erweiterung sowie der Bau neuer Gefängnisse im Gang gesetzt wurden und schon über 1000 Haftplätze für Gefangene geschaffen worden sind, so dass die Überbelegung von Haftanstalten reduziert werden konnte. Dass die Mängel der Haftbedingungen in den ungarischen Haftanstalten jedoch insgesamt beseitig sind, ist der Erklärung je...

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