Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Zuständigkeit des Prozeßgerichts wegen Zahlungsansprüchen bei sog. steckengebliebenem Bau
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 24.06.1999; Aktenzeichen 8 O 60/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Beschluß der VIII. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 1999 – 8 O 60/99 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
- Der Rechtsweg zur ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit ist zulässig.
- Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Karlsruhe zurückverwiesen.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf DM 25.000 festgesetzt.
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluß des Landgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 1999, durch den
- der Rechtsweg zur ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und
- der Rechtsstreit an das Amtsgericht – Wohnungseigentumsgericht – Bad Oeynhausen verwiesen wurde,
ist zulässig. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG entsprechend, § 577 ZPO. Die Abgrenzung der Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts von der des Zivilgerichts ist keine Frage der sachlichen Zuständigkeit, sondern wird wie eine Rechtswegstreitigkeit behandelt (OLG Karlsruhe Beschluß vom 22.07.1997 – 11 Wx 84/96 –; BGH NJW 1995, 2851 f m.w.N.).
Eine Beschwer der Kläger durch den angefochtenen Beschluß läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deswegen verneinen, weil die Verweisung auf den – auf Anregung des Landgerichts – hilfsweise gestellten Antrag hin erfolgte (vgl. BGH WM 1997, 1077, 1078). Den Klägern kann nicht verwehrt werden, ihre in erster Linie vertretene Auffassung zur Frage des zulässigen Rechtswegs weiterzuverfolgen und zur Überprüfung durch das Beschwerdegericht zu stellen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist begründet.
Die Auffassung des Landgerichts, daß für die Entscheidung über den vorliegenden Streitgegenstand nicht die Zuständigkeit des ordentlichen Streitgerichts, sondern diejenige des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegeben und daß deshalb das Verfahren an das örtlich und sachlich zuständige Wohnungseigentumsgericht zu verweisen sei, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Vielmehr ist der von den Klägern beschrittene Rechtsweg zu den Gerichten der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet.
Die Kläger verlangen von den Beklagten als Gesamtschuldner Zahlung von DM 96.180,16 nebst Zinsen und tragen zur Begründung ihrer Forderung vor, die Beklagten seien verpflichtet, sich an den Kosten zu beteiligen, die aufgrund der Fortführung eines „steckengebliebenen” Baus von Eigentumswohnungen auf dem Anwesen … Straße in L entstanden seien.
1. Zwar können derartige Forderungen unter bestimmten Voraussetzungen auch im Verfahren vor den Wohnungseigentumsgerichten geltend gemacht werden. Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Antrag eines Wohnungseigentümers über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Beteiligten untereinander, die in den §§ 13 und 14 WEG näher umschrieben sind. Die Vorschrift des § 43 WEG begründet insoweit eine ausschließliche Zuständigkeit. Die Zuständigkeitszuweisung des § 43 WEG ist nach dem vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Zweck weit auszulegen. Für sie sind reine Zweckmäßigkeitserwägungen maßgebend gewesen. Über die sich aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ergebenden Rechte und Pflichten der Beteiligten soll möglichst im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden werden, weil dieses Verfahren einfacher, freier, elastischer, schneller und damit für Streitigkeiten mit einer häufig großen Zahl von Beteiligten besser geprägt ist als der Zivilprozeß (BGHR WEG § 43 Abs. 1 – Zuständigkeitszuweisung 1 – m.w.N.). Auch kann für Streitigkeiten einer „werdenden” oder „faktischen” Wohnungseigentümergemeinschaft bereits der Weg zum Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegeben sein (Kreuzer in Bub u. a. WEG (Sonderausgabe aus Staudingers Kommentar zum BGB) 12. Aufl. 1997 § 10 Rdnr. 11 m.w.N.). Zu den gemeinschaftsbezogenen Kostenstreitigkeiten können insbesondere auch solche aus der Errichtung und Finanzierung des Gebäudes, die durch Vereinbarung oder Eigentümerbeschluß entsprechend § 22 Abs. 2 WEG zu einer Angelegenheit der Gemeinschaft gemacht wurden, zählen (vgl. Wenzel in Bub u. a. a.a.O. § 43 Rdnr. 18 m.w.N.).
2. Ausschlaggebend für den zulässigen Rechtsweg ist indessen der Umstand, ob das von einem Wohnungseigentümer in Anspruch genommene Recht oder die ihn treffende Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, dieaus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist (vgl. BGH WM 1991, 1388). Dabei ist – wie bei jeder Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs – in erster Linie darauf abzustellen,welches Begehren die Kläger zur Entscheidung st...