Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz für Vermächtniserfüllungsvertrag. Landwirtschaftserbrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Frage, ob das Grundstück auch ein landwirtschaftliches Grundstück i.S.d. § 1 GrdstVG ist, ist lediglich entscheidend, ob das Grundstück landwirtschaftlich genutzt werden kann. Da auf das Grundstück in seiner Gesamtheit abzustellen ist, ist unerheblich, ob einzelne Flächen des Grundstücks, etwa wegen ihrer Beschaffenheit oder weil sie bereits bebaut sind, nicht landwirtschaftlich genutzt werden können.
2. Das Grundstück verliert seine Eigenschaft als landwirtschaftliches Grundstück nicht dadurch, dass ein gewisser Teil des Grundstücks als Bauerwartungsland anzusehen ist (ca. 2400 qm). Ein Grundstück – oder auch nur ein Teil davon – verliert seine Eigenschaft als landwirtschaftliches Grundstück erst dann, wenn aufgrund objektiver Merkmale feststeht, dass es nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden kann und damit aus der landwirtschaftlichen Nutzung endgültig ausgeschieden ist.
Normenkette
GrdstVG §§ 1, 9
Verfahrensgang
AG Waldshut-Tiengen (Beschluss vom 13.06.1991; Aktenzeichen 2 Lw 2/91) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 wird der Beschluß des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgerichts – Waldshut-Tiengen vom 13.06.1991 aufgehoben.
2. Einer künftigen Übereignung einer vom östlichen Teil des Grundstücks Flst. Nr. …, eingetragen im Grundbuch von … noch abzumessenden Teilfläche von 10 000 qm an die Beteiligten Ziff. 1 und 2 zu Miteigentum (Miteigentumsanteil der Beteiligten Ziff. 1 6,5/10, Miteigentumsanteil des Beteiligten Ziff. 2 3,5/10) wird die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erteilt, wobei die noch abzumessende Teilfläche von 10 000 qm wie folgt umgrenzt wird: im Norden durch die südliche Grenze des Grundstücks Flst. Nr. … im Osten durch die Straße, im Süden durch die nördlichen Grenzen der Grundstücke Flst. Nr. … und eine diese Grundstücksgrenzen nach West verlängernde Begrenzung, im Westen durch eine in nördlicher Richtung senkrecht auf die Grenze des Grundstücks Flst. Nr. … zu verlaufende Begrenzung.
3. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz haben die Beteiligte Ziff. 1 zu 6,5/10, der Beteiligte Ziff. 2 zu 3,5/10 zu tragen.
Soweit die sofortige Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 zurückgewiesen wurde, wird angeordnet, daß von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren abgesehen wird. Im übrigen ist das Beschwerdeverfahren gerichtsgebühren- und auslagenfrei.
Außergerichtliche Kosten der Beteiligten Ziff. 1 und 2 in beiden Rechtszügen werden nicht erstattet.
5. Der Geschäftswert für beide Instanzen wird auf 100 000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Die Beteiligten Ziff. 1 und 2 sind Geschwister der …, die aufgrund eines Testaments ihrer verstorbenen Eltern vom 12.04.1970 (Anl. A 2 AS 19 ff) als Alleinerbin Eigentümerin des Grundstücks Flst. Nr. … der Gemeinde …, eingetragen im Grundbuch von … Nr. 42 (AS 109 ff) ist.
In dem genannten Testament hatten die Eltern der Beteiligten und der Frau … in Ziff. 2 folgendes bestimmt:
„Sie (d.i. …) muß das östliche Grundstück im Umfang von 10 000 qm an ihre Geschwister … geb. … geb. am 20.06.1934 und … geb am 30.05.1938 unentgeltlich abtreten und zwar:
- an … 6 500 qm und
- an … 3 500 qm,
Ein Plan, wie die Grenzen verlaufen sollen, ist diesem Testament beigefügt.
Das Vorkaufsrecht für diese Grundstücke von 10 000 qm soll unsere Tochter … erhalten.”
Der im Testament erwähnte Lageplan, wie die Teilung nach dem Willen der Erblasser zu erfolgen habe, war nach den Angaben der Alleinerbin … nicht aufzufinden.
Das Grundstück Flst. Nr. … hat eine Größe von 14 199 qm. Davon sind 900 qm Hof- und Gebäudefläche, 9 582 qm Grünland und 3 717 qm Unland. Der östliche Teil des Grundstücks ist im Ausmaß von ca. 2 400 qm Bauerwartungsland.
2. Mit Schreiben vom 24.09.1990 (AS 105) haben die Beteiligten Ziff. 1 und 2 sich beim Landwirtschaftsamt … unter Hinweis auf das Testament erkundigt, ob für die Erfüllung des Vermächtnisses eine Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erforderlich sei.
Das Landwirtschaftsamt … antwortete mit Schreiben vom 28.09.1990 (AS 103), daß ein Vermächtniserfüllungsvertrag genehmigungsbedürftig sei; nur bei der östliche Teilfläche des Grundstücks handle es sich um ein künftiges Wohngebiet; bei Aufstellung eines Bebauungsplans für diese Teilfläche könne einer Teilung entsprechend der Grenze des Bebauungsplans zugestimmt werden; für eine darüber hinausgehende abzutrennende Teilfläche könne eine Genehmigung wegen unwirtschaftlicher Verkleinerung der Landwirtschaftsfläche nicht in Aussicht gestellt werden.
Mit Schreiben vom 15.10.1990, eingegangen beim Landwirtschaftsamt am 17.10.1990 (AS 95), beantragten die Beteiligten Ziff. 1 und 2 einer Teilung des Grundstücks dergestalt zuzustimmen, daß aus dem östlichen Teil des Grundstücks eine Teilfläche in...