Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinsamer Gerichtsstand des Erfüllungsorts bei Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt ein Anleger nach einer Anlageberatung den selbständigen Anlageberater und die Anlagegesellschaft als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch, kommt ein gemeinsamer Gerichtsstand des Erfüllungsorts am Wohnsitz des Anlegers in Betracht, wenn die Beratung ausschließlich in der Wohnung des Anlegers erfolgt ist (vgl. BGH - X ARZ 384/03 - Beschluss vom 6.4.2004).

 

Normenkette

ZPO § 29 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Ziff. 3; BGB § 269 Abs. 1

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Bestimmungsverfahrens.

 

Gründe

I. Der Antragsteller zeichnete am 13.3.2002 eine atypisch stille Beteiligung an der Antragsgegnerin Ziff. 1. Die Zeichnungssumme betrug 84.000 EUR. Die Antragsgegnerin Ziff. 1 nahm die Beteiligungserklärung am 12.4.2002 an (AS. 61).

Der Antragsteller wurde zu der Beteiligung in einem Beratungsgespräch von dem Antragsgegner Ziff. 3 geworben. Die Beratung durch den Antragsgegner Ziff. 3 (in einem oder mehreren Beratungsgesprächen) fand ausschließlich in der Wohnung des Antragstellers in N. statt. Er trägt vor, der Antragsgegner Ziff. 3 sei bei der Beratung im Namen des Antragsgegners Ziff. 2 aufgetreten. Der Antragsgegner Ziff. 3 habe den Antragsteller fehlerhaft beraten. Durch den Beitritt sei ihm ein Schaden entstanden. Mit dem Antragsgegner Ziff. 2 sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Antragsgegnerin Ziff. 1 sei im Hinblick auf den Erwerb der Beteiligung vorvertraglich verpflichtet gewesen, den Antragsteller zutreffend über die Eigenheiten und Risiken der Beteiligung aufzuklären. Die Antragsgegnerin Ziff. 1 und der Antragsgegner Ziff. 2 müssten sich Pflichtverletzungen des Antragsgegners Ziff. 3 in den Beratungsgesprächen gem. § 278 BGB zurechnen lassen.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2012 hat der Antragsteller eine Schadensersatzklage zum LG Konstanz erhoben. Er ist der Auffassung, die Antragsgegner seien gesamtschuldnerisch verpflichtet, ihm Schadensersatz i.H.v. 47.092,50 EUR nebst Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der atypisch stillen Beteiligung an der Antragsgegnerin Ziff. 1. Die Antragsgegnerin Ziff. 1 hat ihren Sitz im Bezirk des LG Konstanz. Die Antragsgegner Ziff. 2 und 3 haben im Verfahren des LG Konstanz - 4 O 340/12 Me - die örtliche Zuständigkeit gerügt, da sie ihren Wohnsitz im Bezirk anderer LG haben.

Mit Schriftsatz vom 28.2.2013 an das OLG Karlsruhe hat der Antragsteller daraufhin beantragt, für die Klage im Verfahren des LG Konstanz gegen alle drei Antragsgegner ein gemeinsames zuständiges Gericht zu bestimmen. Er hat angeregt, das LG Konstanz für zuständig zu erklären.

Die Antragsgegner Ziff. 2 und 3 treten dem Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung entgegen. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO seien nicht gegeben. Denn es gebe einen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 Abs. 1 ZPO), an welchem der Antragsteller die Klage gegen sämtliche Antragsgegner hätte erheben können.

II. Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung ist zurückzuweisen.

1. Die Zuständigkeit des OLG Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung über den Antrag des Antragstellers ergibt sich aus § 36 Abs. 2 ZPO.

2. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung liegen nicht vor.

a) Der Umstand, dass der Antragsteller bereits eine Klage gegen sämtliche Antragsgegner zum LG Konstanz erhoben hat, steht einer Entscheidung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO grundsätzlich nicht entgegen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 36 ZPO Rz. 16).

b) Die Antragsgegner haben ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten. Die Antragsgegnerin Ziff. 1 hat ihren Sitz im Bezirk des LG Konstanz. Die Antragsgegner Ziff. 2 und 3 haben ihren Wohnsitz im Bezirk des LG Hanau bzw. im Bezirk des LG Gießen.

c) Eine Gerichtsstandsbestimmung kommt nicht in Betracht, da für die Klage gegen sämtliche Antragsgegner als Streitgenossen ein gemeinsamer Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 Abs. 1 ZPO) gegeben ist. Der Erfüllungsort für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen sämtliche Antragsgegner liegt in N., also beim LG Gießen.

Der Antragsteller macht gegen den Antragsgegner Ziff. 2 vertragliche Schadensersatzansprüche aus einem Beratungsvertrag geltend. Hinsichtlich der Antragsgegnerin Ziff. 1 stützt der Antragsteller seine Ansprüche auf eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit der Zeichnung der atypisch stillen Beteiligung. Maßgeblicher Erfüllungsort für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche ist der Erfüllungsort der vertraglichen bzw. vorvertraglichen Primärverpflichtungen (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 29 ZPO Rz. 23). Dieser liegt im Bezirk des LG Gießen. Denn die primären - nach Auffassung des Antragstellers verlet...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?