Leitsatz (amtlich)
1. Der Insolvenzverwalter des Verurteilten ist nicht Verletzter im Sinne des § 111 g Abs. 1 StPO.
2. Zur Reichweite des Vorrangs des Insolvenzrechts gegenüber der strafrechtlichen Rückgewinnungshilfe.
Normenkette
StPO § 111g Abs. 1
Gründe
I. Das LG M. verurteilte E. am 4.3.2013 u.a. wegen Anlagebetruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten. Es stellte dabei fest, dass dem Verurteilten betrügerisch erlangte Anlagegelder in Höhe von insgesamt mindestens USD 32.466.721,54 zugeflossen sind, die von den Geschädigten auf Konten der vom Angeklagten betriebenen Anlagefirmen P Inc. und PC Inc. in Florida eingezahlt worden waren. Das LG stellte zudem fest, dass der Verurteilte von dem besagten Konto bei der P Inc. im Zeitraum Dezember 2006 bis April 2007 ohne Rechtsgrund EUR 474.152,83 auf ein Konto der Nebenbeteiligten, seiner Lebensgefährtin, bei der C-Bank überwiesen hat. Von einer Verfallsanordnung beim Verurteilten oder der Nebenbeteiligten sah das LG im Hinblick auf entgegenstehende Ansprüche Verletzter ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Bereits mit Beschluss vom 4.5.2010 hatte das AG M. gem. § 111b Abs. 1 und 5 StPO, § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 StGB zur Sicherung der den Verletzten aus den Straftaten des Angekl. erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüchen die Forderung der Nebenbeteiligten aus der Bankverbindung bei der C-Bank in voller Höhe beschlagnahmt und in Vollziehung dieser Beschlagnahme die Forderung mit weiterem Beschluss vom 18.5.2010 gem. § 111c Abs. 3 StPO gepfändet. Mit Beschluss vom 5.3.2013 hielt das LG gem. § 111i Abs. 3 StPO die mit Beschluss vom 4.5.2010 erfolgte Beschlagnahme bis zur Höhe von EUR 474.152,83 für drei Jahre aufrecht.
1. Zuvor hatte mit Beschluss vom 29.4.2008 der US Bankruptcy Court, Middle District of Florida, Ft. Myers Division, die Insolvenzverfahren über die Vermögen des Verurteilten und der von ihm betriebenen P Inc. eröffnet; am 24.6.2008 hat er die Konsolidierung beider Insolvenzmassen angeordnet. Im Jahr 2010 wurde darüber hinaus auch das Vermögen der Fa. PC Inc. rückwirkend konsolidiert und eine gemeinsame Insolvenzmasse der Vermögen des Verurteilten und der beiden von ihm betriebenen Firmen gebildet. Zum Insolvenzverwalter/Trustee wurde der Beschwerdeführer bestimmt.
2. Mit Schreiben vom 15.1.2013 beantragte der Beschwerdeführer gem. § 111g Abs. 2 StPO die Zulassung der Zwangsvollstreckung in die gepfändete Forderung der Nebenbeteiligten. Das LG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27.6.2013 ab. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass er Verletzter im Sinne des § 111g Abs. 1 und 2 StPO sei und dass ihm ein titulierter Anspruch gegen die Nebenbeteiligte zustehe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde. Zur Begründung macht der Beschwerdeführer einen Vorrang des Insolvenzrechts vor der Rückgewinnungshilfe geltend, aus dem er die Antragsberechtigung im Sinne des § 111g Abs. 2 StPO ableitet. Als Insolvenzverwalter des Verurteilten und seiner Firmen vertrete er die Interessen aller Geschädigten, die - infolge des Vorrangs des Insolvenzrechts - ihre Forderungen zur Insolvenzmasse anmelden müssten und denen eine Einzelzwangsvollstreckung versagt sei. Der Beschwerdeführer macht zudem geltend, auch im engeren Sinne "Verletzter" im Sinne des § 111g Abs. 1 und 2 StPO zu sein, da er auch Insolvenzverwalter der P Inc. sei, die durch die rechtsgrundlosen Überweisungen des Verurteilten von dem Firmenkonto auf das gepfändete Konto der Nebenbeteiligten selbst Geschädigte sei. Der Beschwerdeführer hat am 30.9.2010 gegen die Nebenbeteiligte ein Versäumnisurteil des US Bankruptcy Court, Middle District of Florida, Tampa Division über den gepfändeten Betrag erwirkt und zudem einen Vergleich mit der Nebenbeteiligten geschlossen, wonach diese mit der Herausgabe der gepfändeten Forderung an die Insolvenzmasse gegen Zinsverzicht einverstanden ist.
Die Nebenbeteiligte hatte Gelegenheit zur erneuten Stellungnahme. Sie unterstützt den Antrag des Beschwerdeführers. Die StA war dem Zulassungsantrag des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten und weist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens auf die Vorrangigkeit des Insolvenzverfahrens vor der Rückgewinnungshilfe hin.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 111g Abs. 2 Satz 2 StPO statthaft. Sie wurde zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.
2. In der Sache hat das LG den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 StPO zu Recht zurückgewiesen.
a) Prüfungsgegenstand im Verfahren auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g StPO in einen nach §§ 111b ff. StPO arrestierten Vermögensgegenstand ist ausschließlich die Frage, ob der titulierte Anspruch aus der Straftat herrührt, deretwegen die Beschlagnahme bzw. Arrestierung erfolgte, und ob der Gläubiger zu dem durch § 111g StPO privilegierten Personenkreis der durch die verfahrensgegenständliche Tat Verletzten gehört (Senat, B. v. 18....