Leitsatz (amtlich)
Erhebt der Antragsgegner im vereinfachten Unterhaltsverfahren in zulässiger Weise die Einwendung der Verwirkung, nicht aber den weiteren Einwand der fehlenden Leistungsfähigkeit, ergeht über die zulässige Einwendung eine Sachentscheidung, wohingegen hinsichtlich der unzulässigen Einwendung lediglich in den Gründen der Beschwerdeentscheidung ausgesprochen wird, dass diese nach § 256 Satz 2 FamFG nicht vorgebracht werden kann.
Verfahrensgang
AG Rastatt (Aktenzeichen 41 FH 13/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familien-
gericht- Rastatt (41 FH 13/20) vom 09.12.2020 aufgehoben
2. Dem Antragsteller wird mitgeteilt, dass zulässige Einwendungen erhoben worden sind.
3. Von der Erhebung der Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Festsetzung von Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren. Der Antragsteller ist der minderjährige Sohn des Antragsgegners und begehrt im vereinfachten Unterhaltsverfahren Unterhalt für die Zeit ab 01.06.2016.
Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 09.11.2020 hat der Antragsgegner vorgetragen, er sei dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt und beziehe Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 802,56 EUR. Bezüglich des Rückstandes berufe er sich auf Verjährung und Verwirkung. Er habe nicht mehr mit der Festsetzung des Unterhalts rechnen müssen.
Das Familiengericht hat mit am 09.12.2020 erlassenen Beschluss den zu zahlenden Unterhalt antragsgemäß festgesetzt.
Der Antragsgegner hat gegen den, ihm am 18.12.2020 zugestellten, Beschluss vom 09.12.2020 mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 30.12.2020, am selben Tag bei Gericht eingegangen, Beschwerde eingelegt, die mit Schriftsatz vom 18.03.2021 begründet wurde.
Der Antragsgegner vertritt die Ansicht, seine Leistungsfähigkeit sei nicht nachgewiesen. Er sei arbeitsunfähig erkrankt und habe dies durch entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachgewiesen. Die Höhe des Arbeitslosengeldes ergebe sich aus den vorgelegten Kontoauszügen. Ein Anspruch des Antragstellers auf Vorlage eines Arbeitslosengeldbescheides zum Nachweis des Einkommens bestehe nicht.
Die in der Jahren 2016, 2017, 2018 und bis Oktober 2019 entstandenen Unterhaltsansprüche des Antragstellers seien verwirkt. Das Familiengericht habe sich mit der Frage der Verwirkung nicht auseinandergesetzt und zudem die Rückstände unzutreffend berechnet.
Der Antragsgegner beantragt, den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und den Antrag des Antragstellers abzuweisen.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen. Er vertritt die Ansicht, seine Ansprüche seien weder verwirkt noch verjährt.
Im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern sei die Verjährung von Ansprüchen nach § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a BGB bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes gehemmt.
Das Zeitmoment der Verwirkung sei zwar erfüllt, da seine Mutter in der Vergangenheit nicht tätig geworden sei. Der Antragsgegner habe sich jedoch nicht darauf einrichten dürften, dass er, der Antragsteller, sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Seine Mutter habe den Antragsgegner spätestens ab dem Jahr 2016 mehrfach aufgefordert, Kindesunterhalt zu zahlen. Der Antragsgegner habe jedoch stets im Gegenzug sein Umgangsrecht eingefordert. Deshalb habe seine Mutter den Umgang zugelassen und gedroht, zum Jugendamt zu gehen, falls der Antragsgegner keinen Kindesunterhalt zahle. Für den Antragsgegner sei daher erkennbar gewesen, dass eine solche Forderung auf ihn zukomme. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Mutter des Antragstellers seit 10.04.2015 für ihn Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz beziehe und in der Zeit vom 01.06.2016 bis 31.10.2019 Leistungen nach SGB II bezogen habe. Infolge des Anspruchsübergangs sei zur Prüfung einer Verwirkung nicht mehr auf das Verhalten seiner Mutter abzustellen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen.
II. 1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 58 ff, 256 FamFG zulässig, insbesondere statthaft, weil der Antragsgegner eine zulässige Einwendung gemäß § 252 Absatz 2 FamFG geltend macht.
Mit der Beschwerde können gemäß § 256 Satz 1 FamFG nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit oder die Unzulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, die Zulässigkeit von Einwendungen gemäß § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG sowie die Unrichtigkeit der Kostenentscheidung oder Kostenfestsetzung, sofern diese nach allgemeinen Grundsätzen anfechtbar sind, geltend gemacht werden.
a) Gemäß § 252 Abs. 2 FamFG sind Einwendungen, die nicht die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens betreffen, nur zulässig, wenn der Antragsgegner zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und er sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet.
Von der Regelung des § 252 Abs. 2 FamFG werden alle Einwendungen zu Grund, Zeitraum u...