Leitsatz (amtlich)

Die Abtrennung einzelner Folgesachen vom Verbund setzt auch nach mehrjähriger Verfahrensdauer das Vorliegen einer - über den rein zeitlichen Gesichtspunkt hinausgehenden - unbilligen Härte voraus. Die Anforderungen an die Annahme einer unbilligen Härte sinken allerdings mit zunehmender Verfahrensdauer.

Die in der Aufrechterhaltung des Verbunds liegende Härte muss für den die Abtrennung begehrenden Ehegatten umso größer sein, je gewichtiger die abzutrennende Folgesache für den anderen Ehegatten in seiner jeweiligen Lebenssituation ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Folgesache von demjenigen Ehegatten begehrt wird, der Folgesache anhängig gemacht hat oder vom anderen Ehegatten.

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 15.10.2013; Aktenzeichen 39 F 266/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 15.10.2013 aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung im Verbund mit der noch anhängigen Folgesache sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das AG - Familiengericht - Freiburg zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die unter gleichzeitiger Auflösung des Scheidungsverbunds ausgesprochene Scheidung der Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners.

Die am... geborene Antragstellerin und der... geborene Antragsgegner, beide habilitierte Ärzte, haben am... in... die Ehe geschlossen, aus der drei zwischenzeitlich volljährige Kinder hervorgegangen sind. Die Ehegatten leben seit 01.06.2008 getrennt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Antragstellerin, die sich einem anderen Mann zugewandt hatte, aus dem im hälftigen Miteigentum stehenden ehelichen Anwesen ausgezogen. Die damals noch minderjährigen Kinder verblieben beim Antragsgegner. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner, der ebenfalls die Scheidung der Ehe beantragt, am 28.06.2009 zugestellt. Am 20.01.2010 reichte die Antragstellerin einen Stufenantrag ein, mit dem sie im Verbund Zugewinnausgleichsansprüche geltend macht. Mit Schriftsatz vom 17.09.2010 erklärte sie die Auskunftsstufe für erledigt und reichte am 08.10.2010 einen bezifferten Zahlungsantrag ein. Im güterrechtlichen Verfahren besteht insbesondere Streit über den Wert der in... gelegenen Grundstücke der Beteiligten und den Umfang der von der Antragstellerin als privilegiertes Anfangsvermögen in ihre Berechnungen eingestellten Erbschaft.

Das AG - Familiengericht - Freiburg hat auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 15.10.2013 die Folgesache Güterrecht vom Verbund abgetrennt sowie mit gesondertem Beschluss vom gleichen Tag die Ehe geschieden und festgestellt, dass der Versorgungsausgleich aufgrund eines wirksam vereinbarten Verzichts der Ehegatten nicht stattfinde. Wegen der Entscheidungsgründe wird auf die Beschlüsse des Familiengerichts vom 15.10.2013 verwiesen.

Gegen den ihm am 16.10.2013 zugestellten Scheidungsbeschluss hat der Antragsgegner mit am 18.11.2013 beim AG Freiburg eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit am 16.12.2013 beim AG Freiburg eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Abtrennung der Folgesache Güterrecht. Zwar liege eine außergewöhnliche Verzögerung des Verfahrens vor. Es fehle jedoch an der für eine Abtrennung der güterrechtlichen Folgesache erforderlichen unzumutbaren Härte. Diese könne allein durch die Verfahrensdauer nicht ersetzt werden. Nicht der Antragsgegner, sondern die Antragstellerin sei aus der Ehe ausgebrochen, habe die Ehewohnung verlassen und die drei gemeinsamen, damals noch minderjährigen Kinder beim Antragsgegner zurückgelassen. Einziger Grund hierfür und für die Aufgabe der Arbeitsstelle in... und den Umzug nach... sei die von der Antragstellerin eingegangene neue Beziehung zu ihrem ehemaligen Chef gewesen. Auch habe der Antragsgegner die lange Verfahrensdauer in keiner Weise zu vertreten. Diese ergebe sich allein daraus, dass die Antragstellerin den Zugewinnausgleich im Verbund anhängig gemacht habe und darin nicht haltbare Behauptungen zu angeblich unterschiedlichen Wertentwicklungen der jeweiligen Grundstücke der Ehegatten in... sowie zu privilegierten Zuwendungen ihrer Eltern aufstelle. Dass die Verzinsung eines etwaigen Ausgleichsanspruchs erst mit Rechtskraft der Scheidung beginne, sei gesetzliche Folge und von der Antragstellerin hinzunehmen. Die zur Begründung des Abtrennungsantrags vorgetragene Behauptung der Antragstellerin, sie könne unter Berücksichtigung ihres Alters auf Dauer keine neue Beziehung eingehen, falls sie nicht geschieden sei, sei unzutreffend, wie die noch während der Ehezeit aufgenommene Beziehung zu ihrem ehemaligen Chef zeige.

Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 15.10.2013 (39 F 266/09) aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - Freiburg zurückzuverweisen.

Die Antragstellerin beantr...

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