Leitsatz (amtlich)
1. Es ist dem Gericht unbenommen, in der Kostengrundentscheidung nach § 81 FamFG bestimmte Positionen, z.B. Anwaltskosten, von der Erstattung auszunehmen.
2. Zu den zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen gemäß § 80 FamFG gehören nicht zwingend die Rechtsanwaltskosten.
3. Ein Beteiligter, der selbst Rechtsanwalt ist, kann in einer Gewaltschutzsache grundsätzlich nicht die Erstattung der Gebühren und Auslagen verlangen, die er als bevollmächtigter Rechtsanwalt verlangen könnte. Eine Kostenerstattung kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere Gründe die Hinzuziehung eines (weiteren) Anwalts erforderlich gemacht hätten.
4. Erstattungsfähig sind nur die dem am Verfahren beteiligten Rechtsanwalt tatsächlich entstandenen Auslagen, z.B. Reisekosten, Zeitversäumnis.
Verfahrensgang
AG Emmendingen (Beschluss vom 03.07.2015; Aktenzeichen 4 F 225/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Emmendingen vom 03.07.2015 (4 F 225/15) in Ziffer 6 Satz 2 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner dem Antragsteller die notwendigen Aufwendungen mit Ausnahme der Rechtsanwaltskosten zu erstatten hat.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten der Beteiligten nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 470,05 EUR.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Kostenentscheidung in einer Gewaltschutzsache.
Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, begehrte mit am 23.06.2015 beim AG Emmendingen eingegangenem Antrag in eigener Sache den Erlass einer Gewaltschutzanordnung gegen den Antragsgegner, die nach mündlicher Verhandlung vom 03.07.2015 antragsgemäß mit Beschluss des Familiengerichts vom gleichen Tag erlassen wurde. In Ziffer 2 dieses Beschlusses wurden dem Antragsgegner die Gerichtskosten des Verfahrens auferlegt und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Auf die Entscheidung des Familiengerichts wird Bezug genommen.
Gegen diesen ihm am 08.07.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am gleichen Tag beim AG Emmendingen eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, dem Antragsgegner die gesamten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich seiner Anwaltsgebühren aufzuerlegen. Der Antragsgegner habe durch sein Verhalten Anlass für das Verfahren gegeben und sei vollumfänglich unterlegen.
Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten.
Das Familiengericht hat der Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 10.07.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht vorgelegt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.1. Die Beschwerde gegen die (isolierte) Kostenentscheidung einer Hauptsacheentscheidung ist statthaft (BGH FamRZ 2011, 1933, juris Rn. 15; BGH FamRZ 2013, 1876, juris Rn. 6; Zöller/Feskorn, ZPO, 31. Auflage 2016, § 58 FamFG Rn. 5) und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 58 ff., 63 Abs. 1 FamFG).
2. Die Kostenentscheidung steht gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Das Gesetz räumt dem Gericht einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden (BGH FamRZ 2014, 744, juris Rn., 11 Prütting/Helms/Feskorn, FamFG, 3. Auflage 2014, § 81 Rn. 6). Das Gericht hat die Kostenentscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblicher Umstände zu treffen (vgl. BGH FamRZ 2014, 744, juris Rn. 11).
Dieses weite Ermessen bei der Kostenentscheidung wird durch § 81 Abs. 2 FamFG eingeschränkt, wonach in den dort aufgeführten, von einem mehr oder weniger qualifizierten Verschulden des Beteiligten geprägten Fällen diesem die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegt werden sollen (BGH FamRZ 2014, 744, juris Rn. 11; Prütting/Helms/Feskorn, FamFG, 18. Auflage 2014, § 81 Rn. 19).
3. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten in der vorliegenden Sache abzuändern.
a) Dem Antragsgegner sind dem Grunde nach die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen, § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Indem der Antragsgegner am 23.06.2015 in der Kanzlei des Antragstellers angerufen und diesen bedroht hat, hat er durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben.
b) Der Antragsgegner hat dem Antragsteller jedoch lediglich dessen notwendige Aufwendungen, nicht auch Rechtsanwaltskosten zu erstatten.
aa) Welche Kostenpositionen als notwendige Aufwendungen im Sinne des § 80 FamFG von einem Beteiligten zu erstatten sind, ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen oder aber - wie vorliegend - bereits in der Kostengrundentscheidung zu bestimmen (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 80 Rn. 6; Zöller/Feskorn, a.a.O., § 80 FamFG Rn. 3). Es ist dem Gericht unbenommen, in der Kostengrundentscheidung bestimmte Positionen, z.B. Anwaltskosten, von der Erstattung auszunehmen (Zöller/Feskorn, a.a.O., § 81 FamFG Rn. 3).
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