Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückverweisung einer den Umgang mit einem Kind betreffenden Familiensache vom Beschwerdegericht an das Familiengericht
Leitsatz (amtlich)
In einer den Umgang mit einem Kind betreffenden Familiensache kann das Beschwerdegericht bei Verfahrensfehlern, die eine Sachentscheidung des FamG verhindert haben, die Sache an das FamG zurückverweisen, wenn nicht die bisherige Verfahrensdauer eine Sachentscheidung des Beschwerdegerichts erforderlich macht.
Normenkette
ZPO § 621e Abs. 1
Verfahrensgang
AG Mannheim (Beschluss vom 30.06.2006; Aktenzeichen 5 F 384/05) |
Tenor
1. Der Beteiligten Ziff. 3 wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt unter Beiordnung von RAin..., Mannheim.
2. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 3 wird der Beschluss des AG - FamG - Mannheim vom 30.6.2006 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG - FamG - Mannheim zurückverwiesen.
3. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Beteiligte Ziff. 3 - Antragstellerin - ist die Mutter der am ... 2001 geborenen M. M. steht unter Amtsvormundschaft und lebt - nachdem der Antragstellerin das Sorgerecht entzogen worden ist - in einer Pflegefamilie in W.
Gegenstand des Verfahrens ist eine Umgangsregelung. Bei Einleitung des Verfahrens mit Antrag vom 5.10.2005 war der Umgang nach der Vorgabe des Jugendamtes so geregelt, dass die Antragstellerin viermal jährlich eine Stunde - nach Darstellung des Jugendamtes etwa zwei Stunden - in Anwesenheit von mindestens drei weiteren Personen Gelegenheit hatte, ihr Kind in ... zu sehen. Die Antragstellerin wollte außergerichtlich eine Ausweitung des Umgangs erreichen, was das Jugendamt abgelehnt hat. Die Antragstellerin hat daraufhin beim AG die Einrichtung eines Umgangs von einmal monatlich für zwei Stunden beantragt.
Das Jugendamt ist dem Antrag entgegengetreten. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragstellerin der Hilfe zur Erziehung grundsätzlich ablehnend gegenüberstehe und nicht einschätzen könne, was für das Wohl des Kindes sinnvoll und erforderlich sei. M. zeige starke Verhaltensauffälligkeiten, sei hypermotorisch und distanzlos. Sie sei geistig behindert aufgrund einer intrauterinen toxischen Schädigung. Die Antragstellerin neige zu Aggressionen. Aus Sicht des Kindeswohls seien die Kontakte ausreichend, da eine Rückkehroption in diesem Fall nicht gegeben sei.
Das AG hat mit Beschluss vom 30.6.2006 den Antrag nach neunmonatiger Verfahrensdauer zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, da die Antragstellerin wiederholt auf eine Entscheidung gedrängt habe, anstatt die Gesprächsangebote der beteiligten Behördenvertreter aufzugreifen, führe dies zur Antragsabweisung mangels Rechtsschutzbedürfnisses ohne weitere Sachaufklärungsmaßnahme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung verwiesen. Eine mündliche Anhörung der Beteiligten hat das AG nicht durchgeführt.
Gegen die ihr am 5.7.2006 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11.7.2006 - eingegangen beim OLG am 12.7.2006 -Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Antrag aufrecht erhält.
Das Jugendamt ist der Beschwerde entgegengetreten. ...
B. Die gem. §§ 621e Abs. 1, 621 Nr. 1 ZPO statthafte und form- und fristgerecht eingelegte befristete Beschwerde der Antragstellerin ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das AG, denn der Beschluss des AG Mannheim vom 30.6.2006 leidet unter mehreren schweren Verfahrensfehlern.
I. Das AG hat über das Umgangsrecht entschieden, ohne zuvor gem. § 50a Abs. 1 FGG die Antragstellerin anzuhören. In Verfahren nach § 1684 BGB ist die persönliche Anhörung gem. § 50a Abs. 1 Satz 3 FGG zwingend vorgeschrieben, denn es handelt sich um den Regelungsbereich der Personensorge. Nur unter den Voraussetzungen des § 50a Abs. 3 FGG kann von einer Anhörung abgesehen werden. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei S. 2 um eine sog. "Soll-Vorschrift" handelt. Das Wort "soll" bedeutet nicht, dass das Gericht nach seinem Ermessen von einer Anhörung absehen darf (vgl. hierzu eingehend Keidel/Kuntze/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 50a Rnr. 6 und 10, m.w.N.).
II. Des Weiteren hat das AG zu unrecht das Rechtschutzbedürfnis für eine Umgangsregelung verneint.
Die Antragstellerin macht geltend, dass die Ausübung des ihr zustehenden Umgangsrechtes - welches durch Art. 6 GG geschützt ist - in rechtswidriger Weise eingeschränkt wird. Nach § 1684 Abs. 3 BGB kann sie verlangen, dass dieser Streitpunkt gerichtlich geklärt wird. Dieser Anspruch auf gerichtliche Klärung ist nicht davon abhängig, dass die Antragstellerin außergerichtliche Gespräche mit dem Jugendamt führt, zumal das Jugendamt im laufenden Verfahren unmissverständlich erklärt hat, dass eine ...