Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und einer branchenspezifischen Pensionskasse

 

Leitsatz (amtlich)

Der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. ist eine Sozialeinrichtung des privaten Rechts im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 4 b) ArbGG. Über Versorgungsansprüche von Mitarbeitern der Mitgliedsunternehmen haben die Arbeitsgerichte zu entscheiden.

Hinweis: Die vom Senat zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt (BGH IV ZB 32/18).

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Ziff. 4b; GVG § 17 a

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 14 O 97/18)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 12.07.2018 - 14 O 97/18 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Der Kläger war vom 01.09.1972 bis zum 30.09.2007 als Bankkaufmann bei der D. Bank AG beschäftigt. Während dieser Zeit wurden vom Arbeitgeber und vom Kläger regelmäßige Beiträge an den Beklagten entrichtet, zur Finanzierung einer Rente bei Erreichung der Altersgrenze und im Fall der Berufsunfähigkeit. Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers ist ein Mitgliedsunternehmen des Beklagten, bei dem es sich um eine branchenspezifische Pensionskasse (BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G.) handelt. Zwischen dem Kläger und seinem ehemaligen Arbeitgeber einerseits und dem Beklagten andererseits wurde im Jahr 1972 - entsprechend den Versicherungsbedingungen des Beklagten - ein privatrechtlicher Versicherungsvertrag begründet. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus den Diensten der D. Bank AG führte der Kläger diesen Versicherungsvertrag als alleiniger Versicherungsnehmer fort.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten; die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit seien nicht gegeben. Außerdem hat der Beklagte die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt und eine Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Arbeitsgericht beantragt. Der Kläger ist der Zuständigkeitsrüge entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 12.07.2018 hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten als unzulässig erklärt, und das Verfahren an das zuständige Arbeitsgericht Freiburg verwiesen. Die ausschließliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Ziffer 4 b Arbeitsgerichtsgesetz.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er ist der Auffassung, entgegen der Entscheidung des Landgerichts sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 4 b Arbeitsgerichtsgesetz bestehe nicht. Der Beklagte sei keine "Sozialeinrichtung des privaten Rechts" im Sinne dieser Zuständigkeitsnorm. Außerdem gehe es um eine Streitigkeit, die nicht in einem rechtlichen oder unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis stehe. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass es vorliegend um versicherungsrechtliche Fragen gehe, bei denen im Hinblick auf die entsprechende Erfahrung von einer größeren Sachkompetenz der allgemeinen Zivilgerichte auszugehen sei.

Der Beklagte ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 12.09.2018 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Die Parteien hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht gemäß § 17 a Abs. 2 GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das zuständige Arbeitsgericht Freiburg verwiesen. Die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Ziffer 4 b Arbeitsgerichtsgesetz.

1. Bei dem Beklagten handelt es sich um eine "Sozialeinrichtung des privaten Rechts" im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziffer 4 b Arbeitsgerichtsgesetz. Der Senat folgt in rechtlicher Hinsicht den Entscheidungen des Kammergerichts Berlin vom 22.06.2001 (Versicherungsrecht 2003, 1194) und vom 26.06.2018 - 6 W 36/18 -, zitiert nach Juris. Die beiden Entscheidungen des Kammergerichts Berlin betrafen gleichartige Klagen gegen den Beklagten.

a) Für den Begriff "Sozialeinrichtung" ist die satzungsgemäße Aufgabe des Beklagten entscheidend. Aus der vorgelegten Satzung des Beklagten (Anlage B 1) ergibt sich, dass ausschließlicher Zweck des Beklagten die soziale Absicherung (durch Rentenleistungen) der Angestellten von Banken ist, die als Mitglieder dem Beklagten angehören. Für den arbeitsrechtlichen Begriff der "Sozialeinrichtungen des privaten Rechts" ist wesentlich, dass der Beklagte ausschließlich von den Arbeitgebern der betreffenden Branche organisiert und ...

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