Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 2 O 125/20) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Zeugen ... gegen den Beschluss vom 28.12.2021 (Bl. 201 d. A.) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist vom Landgericht als Zeuge mit Verfügung vom 23.07.2021 (vgl. AS 111, 113) ordnungsgemäß zum Termin am 26.11.2021 geladen worden. Auf die Folgen des Ausbleibens wurde in der Ladung hingewiesen. Der Zeuge hat die Ladung auch erhalten, ist aber zum Termin unentschuldigt nicht erschienen, § 381 Abs. 1 S. 1. ZPO. Im Termin am 26.11.2021 schlossen die Parteien einen für die Beklagte widerruflichen Vergleich. Mit Schriftsatz vom 16.12.2021 erklärte die Beklagte, den Vergleich nicht zu widerrufen.
Das Landgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 28.12.2021 gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld von 100,00 EUR verhängt, für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 2 Tagen angeordnet und dem Zeugen die durch das Fernbleiben vom Termin verursachten Kosten auferlegt.
Dagegen hat der Zeuge mit Schriftsatz vom 10.01.2022 (AS 212) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, dass der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt worden sei und die Zeugen für den Fortgang des Verfahrens nicht mehr erforderlich seien; für den Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses sei daher kein Anlass mehr gegeben.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.01.2022 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde des Zeugen ist als sofortige Beschwerde statthaft und zulässig, §§ 380 Abs. 3, 567, 569 ZPO. Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.
1. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer nach § 380 ZPO liegen vor.
Der Zeuge ist unstreitig zum Termin am 26.11.2021 nicht erschienen. Er war ordnungsgemäß geladen und hat die Ladung auch erhalten. Die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts greift der Beschwerdeführer nicht an; Fehler sind auch nicht ersichtlich.
Das Landgericht hat weiter rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Zeuge sein Ausbleiben nicht rechtzeitig genügend entschuldigt hat, § 381 Abs. 1 S. 1 ZPO. Denn er hat unstreitig dem Gericht vor dem Termin nicht mitgeteilt, dass er nicht erscheinen könne.
2. Der Ordnungsgeldbeschluss ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil das Ausbleiben des Zeugen im Ergebnis weder für die Parteien noch das Gericht eine nachteilige Wirkung hatte.
Denn der Rechtsstreit ist durch den zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich noch vor Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses beendet worden, so dass durch das Ausbleiben des Zeugen kein neuer Termin erforderlich wurde.
aa) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob in einem solchen Fall die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 380 ZPO wieder aufzuheben ist. Höchstrichterlich entschieden ist nur der hier nicht vorliegende Fall der Ordnungsgeldfestsetzung nach § 141 Abs. 3 ZPO gegen eine nicht erschienene Partei; diese ist aufzuheben, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 - I ZB 77/10 -, juris Rn. 16 ff. m.w.N.; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07 -, juris Rn. 14 ff.).
Für den Fall der Ordnungsgeldfestsetzung nach § 380 Abs. 1 ZPO gegen einen Zeugen wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten, dass bei anderweitiger Erledigung des Rechtsstreits der Ordnungsgeldbeschluss nicht mehr erlassen werden darf bzw. aufzuheben ist (OLG Hamm, Beschluss vom 10. August 2012 - 20 W 27/12 -, juris Rn. 7 ff.; OLG Oldenburg, Beschluss vom 30. August 2016 - 8 W 62/16 -, juris Rn. 22; OLG Dresden, Beschluss vom 14. Oktober 2020 - 4 W 749/20 -, juris Rn. 5; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 18. Auflage 2021, § 380 Rn. 4; Scheuch in BeckOK/Vorwerk/Wolf, ZPO, 43. Edition, Stand: 01.12.2021, § 380 Rn. 5; Saenger/Siebert, ZPO, 9. Auflage 2021, § 380 Rn. 3; Prütting/Gehrlein/Trautwein, ZPO, 4. Auflage 2012, § 380 Rn. 8; vgl. auch Stein/Jonas/Berger, ZPO, 23. Auflage 2015, § 380 Rn. 7 - analoge Anwendung von § 153 StPO).
Andererseits wird in Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes geboten und angezeigt ist bzw. ein bereits ergangener Ordnungsgeldbeschluss auch in diesem Fall aufrechtzuerhalten ist (OLG Celle, Beschluss vom 19. Februar 2016 - 8 W 15/16 -, juris Rn. 11 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. April 1983 - 17 W 14/83 -, juris; BFH, Beschluss vom 11. September 2013 - XI B 111/12 -, juris Rn. 9; vgl. BFH, Beschluss vom 1. Juni 1988 - X B 41/88 -, juris Rn. 5; Münchener Kommentar/Damrau/Weinland, ZPO 6. Auflage 2020, § 380 Rn. 7; Anders/Gehle, ZPO, 80. Auflage 2020, § 380 Rn. 8, Zöller/Greger, ZPO, 34. Auflage 2022, § 380 ZPO Rn. 1).
bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an, wonach es bei verschuldeter Säumnis eines Zeug...