Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für die Befugnis des Gerichts gem. § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO zur Überlassung der Verfahrenskostenhilfe-Unterlagen an den Gegner ist die bloße Existenz eines Auskunftsanspruchs nach den Vorschriften des BGB. Der Auskunftsanspruch muss nicht konkret fällig sein, so dass bei einer zugrunde liegenden Auskunftsverpflichtung unter Verwandten kein Auskunftsverlangen des Berechtigten (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB) erforderlich ist und auch die Zweijahresfrist des § 1605 Abs. 2 BGB ist nicht zu beachten. Auch muss der Auskunftsanspruch nicht Gegenstand des Verfahrens sein, für das Verfahrenskostenhilfe beantragt ist.
Normenkette
ZPO § 117 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Beschluss vom 08.07.2014; Aktenzeichen 8 F 59/14) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Karlsruhe vom 8.7.2014 (Az.: 8 F 59/14) wird zurückgewiesen.
2. Für das Beschwerdeverfahren wird eine Gebühr von 60 EUR erhoben; im Übrigen ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.
Gründe
I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die Bewilligung der Einsichtnahme in seine Verfahrenskostenhilfeunterlagen durch die Antragstellerin.
Zwischen den Beteiligten ist unter dem Aktenzeichen 8 F 87/14 vor dem AG Karlsruhe ein Verfahren wegen Trennungsunterhalts anhängig. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner in diesem Verfahren im Wege des Stufenantrags auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Ihr Antrag ist dem Antragsgegner am 25.7.2014 zugestellt worden; die Antragstellerin hat die Auskunftsstufe bislang nicht für erledigt erklärt.
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren Scheidungsantrag eingereicht. In diesem Verfahren hat der Antragsgegner beantragt, ihm Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, und eine Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie zahlreiche Belege eingereicht, die beim AG am 16.5.2014 eingegangen sind.
Die Antragstellerin hat beantragt, ihr Akteneinsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragsgegners zu gewähren. Sie hat vorgetragen, dass der Verfahrenskostenhilfeantrag bei einem Einkommen des Antragsgegners von 3.500 EUR netto nicht nachvollziehbar sei. Der Antragsgegner wohne zudem ihm eigenen Haus.
Der Antragsgegner hat einer Akteneinsicht durch die Antragstellerin widersprochen. Er ist der Auffassung, dass ein Einsichtsrecht nicht gegeben sei. Die Akteneinsicht diene dazu, sich Kenntnis über seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu verschaffen, auf die in der hier begehrten Form kein Anspruch bestehe. Er habe im Unterhaltsverfahren 8 F 87/14 sämtliche begehrten Auskünfte über seine Einkommensverhältnisse erteilt.
Das AG hat mit Beschluss vom 8.7.2014 der Antragstellerin Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeakte des Antragsgegners bewilligt und ausgeführt, dass die Akte gem. § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Antragstellerin zugänglich gemacht werden dürfe, da sie einen materiell-rechtlichen Auskunftsanspruch habe. Es komme nicht darauf an, dass dieser Anspruch bereits erfüllt sei, denn die Einschränkung des Datenschutzes diene der Richtigkeitsgewähr der Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen.
Gegen den ihm am 14.7.2014 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 28.7.2014 per Telefax eingelegten sofortigen Beschwerde. Er weist nochmals darauf hin, dass er bereits Auskunft erteilt habe. Die Überprüfung der Richtigkeit seiner Angaben im Verfahrenskostenhilfeverfahren sei Sache des Gerichts und nicht der Antragstellerin. Ein Beteiligter, der Verfahrenskostenhilfe in einem familiengerichtlichen Verfahren beantrage, würde sonst ohne Grund schlechter gestellt als in einer Nichtfamiliensache. Die Gewährung von Akteneinsicht könne sich nur auf das Verfahren beziehen, in dem auch der Auskunftsanspruch bestehe.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie trägt vor, dass der Antragsgegner gerade nicht sämtliche Auskünfte erteilt habe. Mit Schreiben vom 15.7.2014 seien weitere Auskünfte gefordert worden. Der vom Antragsgegner vorgelegte Einkommensteuerbescheid sei aus dem Jahr 2011.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Senat hat die Akte 8 F 87/14 des AG Karlsruhe zu Informationszwecken beigezogen.
II.1. Die fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig; insbesondere ist die sofortige Beschwerde statthaft. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der vorliegenden Entscheidung des AG um eine im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergangene Nebenentscheidung handelt. Zwischen- und Nebenentscheidungen sind allerdings grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar (Zöller/Feskorn, ZPO, 30. Aufl., § 58 FamFG Rz. 8; Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2. Aufl., vor § 38 Rz. 16). Einer Anfechtungsmöglichkeit bedarf es nicht, da die Endentscheidung angefochten und damit auch die Zwischen- und Nebe...