Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Aktenzeichen 1 O 223/82) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird angeordnet, daß dem Rechtsstreit der Parteien Fortgang zu geben ist.
2. Die Kosten der Beschwerde trägt der Beklagte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Der Beschwerdewert beträgt DM 2.389,32.
Gründe
Der Einzelrichter des Landgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 1982 einen Beschluß erlassen, nach dem das Gutachten (des Vorstandes) einer Rechtsanwaltskammer zu einer Gebührenfrage eingeholt werden sollte. Am 2.8.1982 gab er den Parteien bis 9.8.1982 weitere Gelegenheit, sich zu dem Gebührenpunkte zu äußern. Er teilte zugleich mit, daß er nach Fristablauf das Gutachten, wie beschlossen, einholen werde. Nachdem sich die Parteien, zuletzt der Beklagte mit Schriftsatz vom 6.8.1982, geäußert hatten, verfügte der Einzelrichter eine Wiedervorlage spätestens zum 16.8.(1982). Die nächstfolgende Amtshandlung des Richters bestand in der Anweisung an die Geschäftsstelle des Landgerichts vom 16.9.(1983), die dritte Aktenanforderung des Beschwerdegerichts vom 6.9.1983 zu erledigen. Zwischenzeitlich hatte die Klägerin, wie sie mitteilt, am 2.11.1982, 10.12.1982, 22.4.1983 und 2.5.1983 ergebnislos nach dem Stand des Verfahrens angefragt. Die Anfrage vom 2.11.1982 befindet sich bei Verfahrensakten. Die Klägerin hat am 27.7.1983 zum Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen ein eingetretenes Ruhen des Verfahrens wendet. Der Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.
1. Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung des § 567 ZPO zulässig. Nach der Rechtsprechung ist das Rechtsmittel über den engeren Wortlaut der Vorschrift hinaus dann gegeben, wenn eine greifbare Gesetzesverletzung gerügt werden kann (Baumbach/Lauterbach, 41. Aufl., § 567 ZPO, Anm. 1 C m.w.N.). Der Ausnahmecharakter des Rechtsbehelfs verlangt es in diesen Fällen, an den die Zulässigkeit der Beschwerde rechtfertigenden Vortrag hohe Anforderungen zu stellen. Der Beschwerdeführer muß im einzelnen die Tatsachen darlegen, aus denen sich seiner Ansicht nach die Gesetzesverletzung ergibt. Dieser Vortrag muß darüber hinaus die Möglichkeit eines groben Rechtsverstoßes nahelegen (vgl. OLG Schleswig, NJW 83, 459; OLG Celle, NJW 75, 1230 Ls). In den Fällen, in denen, wie vorliegend, der tatsächliche Stillstand eines Verfahrens gerügt wird, genügt es somit nicht, daß der Beschwerdeführer auf diesen Umstand hinweist. Der Stillstand kann auf einer Reihe von Umständen beruhen, die großenteils nicht geeignet sein werden, eine Verletzung der gerichtlichen Prozeßförderungspflicht überhaupt und darüber hinaus in einem Ausmaße nahezulegen, welches die außerordentliche Beschwerde als zulässig erscheinen läßt. Hier ist etwa an die Fälle der Überlastung des zuständigen Richters, das Vorhandensein größerer Rückstände, insbesondere im Zusammenhang mit der zeitweiligen Nichtbesetzung freiwerdender Richterstellen zu denken. Zulässig wird die außerordentliche Beschwerde bei einem tatsächlichen Stillstand des Verfahrens im Regelfalle nur sein, wenn ein willkürliches Verhalten des angegangenen Gerichts und damit eine Versagung des Rechtsschutzes (Art. 3 Abs. 1 und 20, Abs. 3 GG) aufgezeigt ist. In diesen strengen Zuverlässigkeitsvoraussetzungen unterscheidet sich der Rechtsbehelf von einer, etwa entsprechend § 252 ZPO eingeräumten Beschwerdemöglichkeit (vgl. OLG Bremen, NJW 69, 1908 für den Fall einer Zurückstellung der Beweisaufnahme). Die entsprechende Anwendung des § 252 ZPO ist für den Fall des rein tatsächlichen Stillstands des Verfahrens nicht geboten.
Anders als die Aussetzung oder die gerichtliche Anordnung des Ruhens des Verfahrens (vgl. §§ 249, 251 Abs. 1 Satz 2 ZPO) hindert das tatsächliche Stillstehen die Parteien nicht daran, wirksame Prozeßhandlungen vorzunehmen. Es hat keine Auswirkungen auf den Fristablauf und stellt für das Gericht kein Hindernis dar, die fälligen Entscheidungen zu treffen. Der Rechtsschutz des Betroffenen braucht daher nicht so hoch angesetzt zu werden, wie in den Fällen, in denen das Gericht durch eine Aussetzungs- oder Ruhensentscheidung dem Fortgang des Verfahrens förmliche Grenzen zieht. Das bedeutet, daß in eine sachliche Prüfung des Beschwerdevorbringens nur dann einzutreten ist, wenn der Vortrag des Beschwerdeführers den dargestellten Anforderungen an Substantiierung und Plausibilität genügt.
Im vorliegenden Falle ergeben sich keine Zulässigkeitsbedenken Die Klägerin hat durch vollständigen Vortrag des einfach gelagerten Sachverhalts eine greifbare Gesetzesverletzung, nämlich eine Versagung des Rechtsschutzes in einer bürgerlichen Streitsache, dargelegt.
2. Die Beschwerde ist begründet, denn für das Untätigbleiben des Einzelrichters über die Zeitspanne eines Jahres ist ein sachlicher Grund schlechterdings nicht erkennbar. Anhaltspunkte dafür, warum der Beweisbeschluß vom 6. Juli 1982 unausgeführt blieb, sich das Gericht aber auch sonst einer Tätigkeit enthielt, treten n...