Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehewohnungszuweisung – türkisches Recht – Folgesache. Familiensache. Ehescheidung. Ehewohnungszuweisung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es kann dahinstehen, ob auf die Regelung der Nutzung der Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung Art. 14 EGBGB (Ehewirkungsstatut) oder Art. 18 EGBGB Anwendung findet, wenn beide Ehegatten türkische Staatsangehörige sind, da nach beiden Vorschriften türkisches Recht anwendbar ist.

2. Eine Zuweisung der Ehewohnung nach rechtskräftiger Scheidung ist im türkischen Recht nicht vorgesehen (vgl. Art. 137 türk. ZGB), so daß einem Ehegatten nicht anläßlich der Scheidung die Ehewohnung zur alleinigen endgültigen Nutzung zugewiesen werden kann. Eine analoge Anwendung deutscher Vorschriften kommt aufgrund der eindeutigen kollisionsrechtlichen Regelung nicht in Betracht.

 

Normenkette

EGBGB Art. 14, 18; türk. ZGB Art. 137

 

Verfahrensgang

AG Sinsheim (Urteil vom 17.11.1998; Aktenzeichen 20 F 323/97)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 17.11.1998 (20 F 323/97) in Nr. III aufgehoben und wie folgt geändert:

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Zuweisung der Ehewohnung wird zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Beschwerdewert wird auf (12 × 330,– DM =) 3.960,– DM festgesetzt.

5. Dem Antragsteller wird für den 2. Rechtszug Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … bewilligt, soweit er die Aufhebung von Nr. III des Urteils des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 17.11.1998 (20 F 323/97) und Abweisung des Antrages der Antragsgegnerin auf Zuweisung der Ehewohnung begehrt. Er hat keine Raten auf die Prozeßkostenhilfe zu zahlen.

Im übrigen wird das Gesuch um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.

6. Der Antragsgegnerin wird für den 2. Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwalt Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.

 

Gründe

I.

Die Parteien, beide türkische Staatsangehörige, haben am 2.8.1961 in … /Türkei die Ehe geschlossen. Bereits seit einigen Jahren kommt es zu erheblichen Streitigkeiten. Vom Familiengericht wurde durch Beschlüsse vom 14.1.1997 und 31.1.1997 die Nutzung der Ehewohnung während des Getrenntlebens in Form einer Zuweisung einzelner Räume an jeden Ehegatten geregelt. Durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 17.11.1998 wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich durchgeführt und auf den Antrag der Antragsgegnerin die Ehewohnung dieser für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung zugewiesen. Mit Ausnahme von Nr. 111 des Urteils (Ehewohnungszuweisung) ist dieses seit dem 6.2.1999 rechtskräftig.

Hinsichtlich der Nutzung der Ehewohnung ab Rechtskraft der Scheidung hatten beide Eheleute beantragt, diese ihnen jeweils allein zur Nutzung zuzuweisen. Die Antragsgegnerin hatte hierzu vorgetragen, sie beziehe Sozialhilfe und erhalte vom Sozialamt eine Miete von allenfalls 450,– DM einschließlich Nebenkosten. Deshalb sei sie auf die Weiternutzung der Ehewohnung mit ihrem günstigen Mietzins von 330,– DM angewiesen. Der Antragsteller könne eher eine andere Wohnung finden, da er über größere finanzielle Mittel verfüge, besser deutsch spreche und darüberhinaus im Geschäftsleben gewandter sei. Der Antragsteller hat vorgetragen, auch er verfüge nur über Arbeitslosenhilfe und habe hohe Verbindlichkeiten, so daß auch er beim Sozialamt einen Zuschuß zur Miete beantragen müsse. Im übrigen halte sich die Antragsgegnerin schon jetzt weitgehend nicht mehr in der Wohnung auf. Die Wohnung sei daher ihm zuzuweisen. Die Vermieter haben sich für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Antragsteller allein ausgesprochen, da dieser in der Lage sei, die Miete zu zahlen.

Das Familiengericht hat die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragsgegnerin damit begründet, daß der Antragsteller über etwas höhere finanzielle Mittel verfüge und besser deutsch spreche, so daß er bei der Vorsprache bei Vermietern eher eine Wohnung finden könne.

Gegen das ihm am 20.11.1998 zugestellte Urteil hat der Antragsteller am 18.12.1998 hinsichtlich der Entscheidung über die Ehewohnungszuweisung Beschwerde eingelegt und diese im wesentlichen mit seinem Vortrag in erster Instanz begründet. Er erhalte jetzt keine Arbeitslosenhilfe mehr, sondern habe Rentenantrag gestellt, so daß sich sein Einkommen noch mehr verringere. Die getroffene Entscheidung entspreche nicht der Billigkeit.

Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie leide unter Depressionen und wolle in der vertrauten Nachbarschaft sowie in der Nähe ihrer Tochter bleiben, die im gegenüberliegenden Haus ein Geschäft habe. So könne sie ihre Enkel betreuen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die gem. §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 1 ZPO zulässige befristete Beschwerde ist nur zum Teil begründet. Sie führt zur Aufhebung von Nr. III des angefocht...

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