Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
AG Konstanz (Aktenzeichen 5 C 608/87) |
LG Konstanz (Aktenzeichen 1 S 330/87) |
Tenor
Hat bei einem Mietverhältnis über Wohnraum der Mieter eine Barkaution gestellt und hat der Vermieter den Wohnraum danach an einen Dritten veräußert, so hat – wenn im Mietvertrag etwas anderes nicht ausdrücklich vereinbart ist – der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch darauf, daß der Vermieter den Kautionsbetrag dem Erwerber auszahlt. Dies gilt nicht, sofern und soweit dem Vermieter gegen den Mieter noch Ansprüche zustehen, die durch die Kaution gesichert werden, oder wenn die Kaution dem Erwerber in anderer Weise ausgehändigt worden ist i.S. von § 572 S. 2 BGB, oder der Erwerber gegenüber dem Vermieter die Verpflichtung zur Rückgewähr der Kaution übernommen hat. Inwieweit die beiden letztgenannten Ausnahmen (Aushändigung, Übernahme der Verpflichtung) auch für nach dem 31.12.1982 abgeschlossene Kautionsvereinbarungen zutreffen, bleibt unentschieden.
Tatbestand
I.
Mit Mietvertrag vom 09.04.1981 (II 47) hat die Klägerin von der Beklagten für die Zeit ab 01.04.1981 eine Wohnung gemietet. In § 21 des Mietvertrags ist u.a. geregelt:
… Der Mieter verpflichtet sich, vor Beginn des Mietverhältnisses und vor Inbesitznahme der Wohnung an den Vermieter in bar eine Kaution in Höhe von DM 756,12 zinslos für die Dauer des Mietverhältnisses zu zahlen. Diese Kaution wird für den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückgezahlt und dient dem Vermieter als Sicherheit für alle Verpflichtungen des Mieters aus diesem Vertrag. Es wird weiterhin vereinbart, daß eine Verrechnung der Kaution seitens des Mieters mit der laufenden Miete ausgeschlossen ist. …
Die Klägerin hat die Kaution vertragsgemäß bezahlt.
Mit Wirkung zum 13.01.1987 hat die Beklagte das in ihrem Eigentun stehende Hausgrundstück, auf dem sich die Mietwohnung befindet, veräußert. Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage (u.a.), die Beklagte zur Zahlung eines restlichen Kautionsbetrages von 747,44 DM nebst Zinsen an die Erwerberin zu verurteilen. Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.10.1987 insoweit stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und vor dem Landgericht – bezüglich der Kaution – vorgebracht:
Einen Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Übertragung der Kaution auf den neuen Eigentümer des Mietobjektes gebe es nicht. Im Kaufvertrag mit der Erwerberin habe sie, die Beklagte, sich jedoch verpflichtet, die nicht verbrauchte Kaution auf die Erwerberin zu übertragen; die Kaution sei inzwischen unter Hinzurechnung von Zinsen auf 848,46 DM angewachsen; hiervon habe sie 320,18 DM an die Erwerberin weitergeleitet, ein Rest von 528,28 DM werde wegen von der Klägerin noch nicht bezahlter Mietnebenkosten in dieser Höhe zurückgehalten.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 25.03.1988 folgende Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat zur Entscheidung vorgelegt:
Hat der Mieter im Falle der Veräußerung der Mietsache einen Anspruch gegen den Vermieter, daß dieser eine vom Mieter geleistete Kaution dem Erwerber der Mietsache aushändigt?
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist zulässig nach Art. III 3. MietRÄndG.
Es handelt sich um eine Rechtsfrage i.S. dieser Vorschrift. Zwar geht es – wie noch auszuführen sein wird – um die Auslegung von Vertragsbedingungen. Es sind dies aber häufig wiederkehrende und typische Vertragsbedingungen. Als solche sind sie dem Rechtsentscheid zugänglich. Dies gebietet der Zweck des Rechtsentscheids, der der Rechtsvereinheitlichung dienen soll (vgl. BGH RES § 535 BGB Nr. 4).
Diese Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Sie ist nicht durch eine gefestigte Rechtsprechung geklärt und, soweit ersichtlich, bisher noch nicht durch Rechtsentscheid entschieden. Es ist zu erwarten, daß sie auch künftig wiederholt auftreten wird.
Diese Problemstellung ist nicht durch die zum 01.01.1983 in Kraft getretene Vorschrift des § 550 b Abs. 2 BGB überholt, wonach bei einem Mietverhältnis über Wohnraum der Vermieter eine ihm vom Mieter als Sicherheit überlassene Geldsumme von seinem Vermögen getrennt bei einer öffentlichen Sparkasse oder bei einer Bank anzulegen hat. Nach der Übergangsvorschrift in Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes vom 20.12.1982 (BGBl. I 1912) gilt § 550 b Abs. 2 BGB – abgesehen von der dort ebenfalls geregelten Frage der Verzinsung einer Kaution – nicht für die Anlage solcher Mietkautionen, die vor dem 01.01.1983 vereinbart worden sind (vgl. Münchn.Komm., 2. Aufl., Rdn. 4 zu § 550 b BGB; Köhler. Handbuch der Wohnraummiete, 3. Aufl., Rdn. 18 zu § 46; Soergel, 11. Aufl., Nachtrag zu § 550 b BGB. Rdn. 14; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III 243; a.A. Derleder, WuM 1986, 39, 43). Kautionsvereinbarungen, die – wie hier – aus der Zeit vor dem 01.01.1983 stammen, werden noch lange Zeit und in großer Zahl abzuwickeln sein. Deshalb könnte hier die Regel, daß eine auslaufendes Recht betreffende Rechtsfrage...