Verfahrensgang
Tenor
Ein vor Ablauf der Jahresfrist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG gestelltes Mieterhöhungsverlangen, in dem eine Erhöhung ab einem Zeitpunkt nach Ablauf der Jahresfrist gegehrt wird, ist nicht unwirksam. (Anschluß an die Rechtsentscheide des OLG Oldenburg vom 4.12.1981 – 5 UH 4/81 und OLG Hamm vom 30.12.1986 – 30 REMiet 2/86).
Gründe
Mit Mietvertrag vom 4.3.1984 vermieteten die Klägerinnen an die Beklagten ab 15.4.1984 eine Wohnung zum Nettomietzins von 1.680,– DM monatlich. Mit Schreiben vom 7.3.1985 verlangten sie ab 1.6.1985 einen Mietzins von 2.059,– DM. Die Parteien streiten darüber, ob dieses Erhöhungsverlangen wirksam ist. Das Amtsgericht hat die Beklagten verurteilt, der Mieterhöhung ab 1.7.1985 zuzustimmen. Hiergegen haben die Beklagten Berufung eingelegt. Sie wollen lediglich ab 1.10.1985 2.019,12 DM monatlich zahlen. Die Klägerinnen haben Anschlußberufung eingelegt; sie fordern die Mieterhöhung bereits ab 1.6.1985.
Das Landgericht möchte der Berufung stattgeben und die Anschlußberufung zurückweisen; es meint, ein Mieterhöhungsverlangen könne wirksam erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG gestellt werden, sieht sich an dieser Entscheidung aber durch den Rechtsentscheid des OLG Oldenburg vom 4.12.1981 – 5 UH 4/81 – gehindert und legt deshalb folgende Frage zur Entscheidung durch Rechtsentscheid vor:
Ist ein vor Ablauf der Jahresfrist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG gestelltes Mieterhöhungsverlangen wirksam?
Es meint, der Ansicht des OLG Oldenburg stehe entgegen, daß § 2 Abs. 3 und 4 MHG den Fristenlauf an den Zeitpunkt des Zugangs und nicht an den Ablauf der Jahresfrist knüpften, ein verfrühtes Erhöhungsverlangen könne folglich keine Rechtswirkung entfalten. Andernfalls würde der Mieter verunsichert; er wisse nicht, ab wann er die erhöhte Miete zahlen müsse, dürfe aber vom Gesetzgeber nicht gezwungen werden, insoweit Rechtsrat einzuholen.
Die Vorlage ist zulässig, weil das Landgericht bei einer Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt, vom Rechtsentscheid des OLG Oldenburg vom 4.12.1981 (abgedruckt WM 1982, 105; ZMR 1983, 242; GE 1982, 563, RES § 2 MHG Nr. 16), dem sich auch das OLG Hamm im Rechtsentscheid vom 30.12.1986 – 30 REMiet 2/86 – (abgedruckt in ZMR 1987.150; WM 1987.114) angeschlossen hat, abweichen will und diese Abweichung entscheidungserheblich ist. Der Rechtsentscheid des OLG Oldenburg erklärt ein vor Ablauf der Jahresfrist gestelltes Mieterhöhungsverlangen, in dem eine Erhöhung erst ab einem Zeitpunkt nach Ablauf der Jahresfrist begehrt wird, für wirksam, erfaßt damit aus der materiell-rechtlichen Sicht des vorlegenden Landgerichts den von diesem zu entscheidenden Sachverhalt. Das Landgericht hat sich zwar nicht ausdrücklich, aber doch erkennbar auf den Standpunkt gestellt, daß die Wartefrist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 MHG mit dem Zeitpunkt der ersten Mietzahlung und nicht mit dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu laufen begonnen hat. Danach wäre das Erhöhungsverlangen der Klägerinnen vor Ablauf der Jahresfrist gestellt worden. Da diese Auffassung des Landgerichts vertretbar – jedenfalls nicht eindeutig unhaltbar – ist, hat der um einen Rechtsentscheid angegangene Senat sie nach zutreffender herrschender Meinung als gegeben hinzunehmen.
Der Senat schließt sich den Rechtsentscheiden der Oberlandesgerichte Oldenburg und Hamm an; ihnen ist auch das OLG Karlsruhe im Rechtsentscheid vom 7.5.1984 – 3 REMiet 1/84 – (abgedruckt NJW 1984, 2167; WM 1984, 188; ZMR 1984, 311; RES § 2 MHG Nr. 55) beiläufig beigetreten (ebenso: Palandt/Putzo, 47. Aufl., § 2 MHG Anm. 3 a; Emmerich/Sonnenschein, Handkommentar Miete, 3. Aufl., § 2 MHG Rdn. 5; Staudinger/Emmerich, 12. Aufl., § 2 MHG Rdn. 19; Voelskow in MK Anh. zu § 564 b § 2 MHG Rdn. 29; Köhler, Handbuch der Wohnraummiete, 2. Aufl., § 149 Rdn. 2; Bartnelmess 2. WKSchG, 3. Aufl., § 2 MHG Rdn. 17 entgegen der Vorauflage; Schmidt-Futterer/Blank, Beck-Rechtsberater: Mietrecht von A-Z. 11. Aufl., S. 245, 246 und in Miete und Pacht, G. Aufl., Anhang 6 Fn. 11, Kurtenbach in DB 71, 2453, 2456; Fehl in NJW 74, 924, 925; Ganschezian/Finck in NJW 74, 116; Schade/Schubart/Wienicke, Wohn- und Mietrecht. § 2 Anm. 2 MHG; a.A.: AG Köln in ZMR 74, 156 f. und 234; LG Hamburg in WM 78; 214 Gelhaar in RGRK, 12. Aufl., § 2 MHG Rdn. 4; Soergel/Kummer, BGB, 11. Aufl., § 2 MHG Rdn. 8; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., Teil III Rdn. 135; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 5. Aufl., Rdn. C 77 im Gegensatz zu der zeitlich späteren Stellungnahme in Beck-Rechtsberater: Mietrecht von A-Z a.a.O.; Roquette in ZMR 72, 133, 137; Derleder in WM 83, 224).
Ein Mieterhöhungsverlangen, mit dem der Vermieter die Erhöhung des Mietzinses zu einem Zeitpunkt beansprucht, der innerhalb der Jahresfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG liegt, ist wirksam; denn der Anspruch des Vermieters auf Mieterhöhung darf ni...