Verfahrensgang

AG Geldern (Aktenzeichen 14 C 421/85)

LG Kleve (Aktenzeichen 3 S 348/85)

OLG Oldenburg (Oldenburg)

 

Tenor

Es besteht kein Anlaß, von dem Rechtsentscheid des OLG Oldenburg vom 4. Dezember 1981 (RES § 2 MHG Nr. 16) abzuweichen.

Ein vor Ablauf der Jahresfrist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG gestelltes Mieterhohungsverlangen, in dem eine Erhöhung ab einem Zeitpunkt nach Ablauf der Jahresfrist begehrt wird, ist nicht unwirksam.

Die Fristen nach §§ 2 Abs. 3 und 4 MHG, 9 Abs. 1 MHG werden jedoch nicht früher in Lauf gesetzt als bei einer unmittelbar nach Ablauf der Jahresfrist abgegebenen Erklärung.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin vermietete den Beklagten mit schriftlichem Mietvertrag vom 15.3.1984 ein Einfamilienhaus ab 1.7.1984 zu einer monatlichen Grundmiete von 1.000,– DM.

Mit Schreiben vom 24.5.1985 verlangte die Klägerin von den Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der Grundmiete von 1.000,– DM auf 1.070,95 DM ab 1.9.1985. Die Beklagten verweigerten mit Schreiben vom 12.6.1985 ihre Zustimmung.

Die Parteien streiten darüber, ob das Erhöhungsverlangen wirksam ist und die nunmehr verlangte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete überschreitet.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 9.10.1985 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Mieterhöhungsverlangen sei unwirksam, da es vor Ablauf der Jahresfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG gestellt worden sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Das Landgericht möchte der Auffassung des Amtsgerichts zur Frage der Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens folgen, sieht sich an einer solchen Entscheidung jedoch durch den Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4.12.1981 (RES § 2 MHG Nr. 16) gehindert. Es hat deswegen dem Senat diese Rechtsfrage zur Entscheidung mittels Rechtsentscheids vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Die Vorlage ist nach Art. III Abs. 1 Satz 1 des 3. Mietrechtsänderungsgesetzes zulässig.

Das OLG Oldenburg erklärt in seinem Rechtsentscheid vom 4.12.1981 ein vor Ablauf der Jahresfrist gestelltes Mieterhöhungsverlangen, in dem eine Erhöhung erst ab einem Zeitpunkt nach Ablauf der Jahresfrist begehrt wird, für wirksam, erfaßt damit aus der materiell-rechtlichen Sicht des vorlegenden Landgerichts den von diesem zu entscheidenden Sachverhalt. Das Landgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Wartefrist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 MHG mit dem Zeitpunkt der ersten Mietzahlung (so auch Voelskow in MK Anh. zu § 564 b § 2 MHG Rdn. 27; Barthelmess, 2 WKSchG, 3 Aufl., § 2 MHG Rdn. 14; Palandt-Putzo, BGB, 46. Auflage, 2 WKSchG § 2 MHG Anm. 3 a) und damit vorliegend ab 1.7.1984 zu laufen begonnen hat. Danach wäre das Erhöhungsverlangen der Klägerin vor Ablauf der Jahresfrist gestellt worden. Die Kammer hat sich in dem Vorlagebeschluß zwar nicht ausdrücklich mit der Gegenauffassung auseinandergesetzt, die für den Beginn der Wartefrist den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier 15.3.1984) maßgeblich sein läßt (Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetz, 5. Aufl., Rdn. 77; Staudinger-Emmerich, BGB, 12. Aufl. 2 Bearb., § 2 MHG Rdn. 15; Gelhaar in RGRK, 12. Aufl., § 564 b Anh.: 2. WKSchG Rdn. 4); dem Vorlagebeschluß ist jedoch die gegenteilige Auffassung des Landgerichts letztendlich hinreichend deutlich zu entnehmen. Da die Auffassung des Landgerichts vertretbar – jedenfalls nicht eindeutig unhaltbar – ist, hat der um einen Rechtsentscheid angegangene Senat sie nach zutreffender herrschender Meinung als gegeben hinzunehmen (OLG Oldenbrug RES 3. MietRÄndG Nr. 1; OLG Karlsruhe RES § 552 BGB Nr. 3; OLG Hamm, RES § 535 BGB Nr. 6, § 8 a WoBindG Nr. 3 und § 570 BGB Nr. 2; anderer Ansicht: OLG Karlsruhe RES 3. MietRÄndG Nr. 3).

2.

Bei der Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage folgt der Senat der Auffassung des OLG Oldenbrug (ebenso: Palandt-Putzo, a.a.O. § 2 MHG Anm. 3 a; Emmerich-Sonnenschein, Handkommentar Miete, 3. Aufl., § 2 MHG Rdn. 5; Staudinger-Emmerich, a.a.O. § 2 MHG Rdn. 19; Voelskow in MK Anh. zu § 564 b § 2 MHG Rdn. 29; Köhler, Handbuch der Wohnraummiete, 2. Aufl., § 149 Rdn. 2; Barthelmess a.a.O. § 2 MHG Rdn. 17 entgegen der Vorauflage; Schmidt-Futterer/Blank, Beck-Rechtsberater: Mietrecht von A–Z, 11. Aufl., S. 245, 246; Kurtenbach DB 1971, 2453, 2456; Fehl NJW 1974, 924, 925; Ganschezian-Finck NJW 1974, 116; anderer Ansicht: AG Köln ZMR 1974, 156 f und 284; LG Hamburg WM 1978, 214; Gelhaar in RGRK, a.a.O. § 2 MHG Rdn. 4; Soergel-Kummer, BGB, 11. Aufl., § 2 MHG Rdn. 8; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., Teil III Rdn. 135; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 5. Aufl., Rdn. C 77 im Gegensatz zu der zeitlich späteren Stellungnahme in Beck-Rechtsberater: Mietrecht von A–Z a.a.O.; Roquette ZMR 1972, 133, 137; Derleder WM 1983, 224).

Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG getroffene Regelung ist auslegungsfähig und auslegungsbedürftig, da dem Wortlaut nicht zwingend zu entnehmen ist, welche Rechtsfolgen sich an ein vor Ablauf der Jahresfrist gestelltes Mieterhöhungsverlangen anknüpfen sollen. Die...

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