Entscheidungsstichwort (Thema)

Befangenheit eines Sachverständigen im Spruchverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Besorgnis der Befangenheit bei einem für die Unternehmensbewertung einer Aktiengesellschaft im Spruchverfahren bestellten Gerichtssachverständigen: Die Mitgliedschaft des Sachverständigen im Institut der Deutschen Wirtschaft (IDW) und in dessen Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Eine etwaige frühere Tätigkeit als Privatgutachter - im Auftrag eines Hauptaktionärs - in anderen Verfahren betreffend andere Aktiengesellschaften begründet ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit.

 

Normenkette

AktG § 327f; FamFG § 30; SpruchG § 17; ZPO §§ 42, 406, 567

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Beschluss vom 09.11.2017; Aktenzeichen 23 AktE 25/10 [2])

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin Ziffer 17 gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 09.11.2017 - 23 AktE 25/10 (2) - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin Ziffer 17 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Antragsteller werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Das Beschwerdeverfahren betrifft die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit.

In der Hauptsache betrifft das vorliegende gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren die Festsetzung der angemessenen Barabfindung der ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre der A AG gemäß § 327 f AktG.

Bereits im Dezember 2007 hatte die Antragsgegnerin als Hauptaktionär der A AG gegenüber dessen Vorstand ein Verlangen gemäß § 327 a AktG geäußert. Für das weitere Verfahren wurde die W&K GmbH als sachverständige Prüferin für die Barabfindung gemäß § 327 c Abs. 2 S. 2, 3 AktG bestellt. Im Jahr 2008 wurde das Verlangen vom Hauptaktionär widerrufen bzw. zurückgenommen. Die Prüfung wurde damals nicht beendet, ein Prüfungsbericht nicht erstellt.

Aufgrund eines erneuten Verlangens der Antragsgegnerin als Hauptaktionär im Jahr 2010 wurde erneut ein Squeeze-Out-Verfahren eingeleitet. Als sachverständige Prüferin wurde nun eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestellt. Die Hauptversammlung der A AG beschloss am 30.08.2010 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer Barabfindung. Die Antragsteller haben sodann als ausgeschlossene Minderheitsaktionäre Antrag auf Bestimmung der angemessenen Barabfindung gemäß § 327 f AktG gestellt.

Mit Beweisbeschluss vom 09.03.2017 hat das Landgericht die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Unternehmenswert der A AG angeordnet und als Sachverständigen X bestimmt. Dieser ist für die W&K AG tätig, welche aus der früheren W&K GmbH hervorgegangen ist. Der Sachverständige war an der im Jahr 2007 begonnenen Prüfung persönlich nicht beteiligt.

Der Sachverständige X ist Mitglied des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW). Das IDW verlautbart in so genannten "Standards" Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, die in der Praxis vielfach angewandt werden, die jedoch auch in der Fachwelt und im Rahmen von Spruchverfahren diskutiert werden. Die Satzung des IDW enthält in § 4 Abs. 9 folgende Bestimmung:

Jedes Mitglied hat im Rahmen seiner beruflichen Eigenverantwortlichkeit die von den Fachausschüssen des IDW abgegebenen IDW Fachgutachten, IDW Prüfungsstandards, IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung und IDW Standards, welche die Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer zu fachlichen Fragen der Rechnungslegung und Prüfung sowie zu sonstigen Gegenständen und Inhalten der beruflichen Tätigkeit darlegen oder zu ihrer Entwicklung beitragen, zu beachten. Das Mitglied hat deshalb sorgfältig zu prüfen, ob die in einem IDW Fachgutachten, einem IDW Prüfungsstandard, einer IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung oder einem IDW Standard aufgestellten Grundsätze bei seiner Tätigkeit und in dem von ihm zu beurteilenden Fall anzuwenden sind. Abweichungen von diesen Grundsätzen sind schriftlich und an geeigneter Stelle (z.B. im Prüfungsbericht) hervorzuheben und ausführlich zu begründen.

Verschiedene Beteiligte haben den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie haben geltend gemacht, dass eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen bestehe. Dies beruhe auf der Tätigkeit der W&K GmbH als Barabfindungsprüferin im Jahr 2007/2008. Der Sachverständige werde sich voraussichtlich nicht in substantiellen Widerspruch zu der im Jahr 2007 begonnenen Prüfung setzen. Bei der Verbindung zwischen Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung - wie dies bei der W&K AG der Fall sei - bestünden in der Regel Beratungsmandate, die nicht vorsehen würden, dass Minderheitsaktionäre hiervon profitieren. Der Sachverständige X sei in einer Vielzahl von Fällen als Erst- bzw. Parteigutachter im Auftrag eines Hauptaktionärs im Rahmen von Unternehmensbewertungen bei gese...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?