Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Erneuter Mehrheitsbeschluß bei "vereinbarungsersetzendem Zitterbeschluß"
Leitsatz (amtlich)
1. Ein bestandskräftiger, eine Regelung der Gemeinschaftsordnung ändernder Beschluss der Wohnungseigentümer kann trotz seines „vereinbarungsersetzenden” Charakters durch einen erneuten Beschluss der Eigentümergemeinschaft geändert werden, sofern dieser nicht eine erneute Abweichung von den Vereinbarungen der Gemeinschaft enthält.
2. Dies kann grundsätzlich auch dann durch Mehrheitsbeschluss geschehen, wenn der erste Beschluss einstimmig gefasst wurde.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 2-3, § 23 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 7 T 3/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1 werden der Beschluß des Landgerichts … vom 26. Juli 1999 – 7 T 3/99 – sowie der Beschluß des Amtsgerichts … vom 29. Januar 1999 – 25 UR 169/96 –, soweit er die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 23.11.1996 zu TOP 3 und vom 19.04.1997 zu TOP 3 für ungültig erklärt hat, aufgehoben.
2. Die Anträge der Antragsteller, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 23.11.1996 zu TOP 3 und vom 19.04.1997 zu TOP 3 für ungültig zu erklären, werden zurückgewiesen.
3. Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten aller drei Instanzen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 12.500 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … Antragsteller und Antragsgegner zu 1 streiten um die Gültigkeit zweier Beschlüsse der Wohnungseigentümer, die jeweils unter dem Tagesordnungspunkt 3 in den Eigentümerversammlungen vom 23.11.1996 und 19.04.1997 gefaßt wurden und den Kostenverteilungsschlüssel betreffen.
Nach § 11 der Teilungserklärung … tragen die Wohnungseigentümer die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums „nach dem Verhältnis der Wohnfläche bzw. Nutzfläche des ihnen zugeordneten Wohnungseigentums bzw. Teileigentums” (AS. 51). In der Eigentümerversammlung vom 14.10.1987 beschloß die Gemeinschaft, der der Antragsgegner zu 1 damals noch nicht angehörte, entsprechend den Miteigentumsanteilen der Mitglieder den Verteilerschlüssel für die gemeinschaftlichen Kosten für die Zukunft festzusetzen.
Der Beschluß wurde einstimmig gefaßt, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob an der Versammlung alle Eigentümer teilgenommen haben. Er wurde nicht angefochten.
Am 23.11.1996 beschloß die Eigentümergemeinschaft mit 2:1 Stimmen bei 3 Enthaltungen: „Der Umlagenschlüssel wird gemäß der Teilungserklärung nach dem Wohn- bzw. Nutzflächenverhältnis bestimmt.” In der Versammlung vom 19.04.1997 beschloß die Eigentümerversammlung unter TOP 3: „Der Beschluß vom 23.11.1996 TOP 3 soll dahingehend konkretisiert werden, daß der neue Verteilerschlüssel, wie es die Teilungserklärung vorschreibt, nach den Wohn- bzw. Nutzflächenverhältnissen festzulegen war.” Die Antragsteller haben diese beiden Beschlüsse angefochten. Amts- und Landgericht haben die unter TOP 3 gefaßten Beschlüsse vom 23.11.1996 und 19.04.1997 für ungültig erklärt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1 ist zulässig und begründet. Sie führt zur Abweisung der Anträge der Antragsteller, soweit sie nicht schon durch den Beschluß des Amtsgerichts – rechtskräftig – zurückgewiesen worden sind.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums bestimme sich nach dem in der Eigentümerversammlung vom 14.10.1987 gefaßten Beschluß, der die in § 11 der Teilungserklärung vereinbarte Regelung wirksam abgeändert habe. Zwar handele es sich bei diesem Beschluß nicht um eine – eigentlich erforderliche – Vereinbarung. Der Beschluß sei jedoch bestandskräftig geworden und habe damit eine vereinbarungsersetzende Wirkung erlangt. Er binde auch ohne Eintragung im Grundbuch Sondernachfolger, die erst danach Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden sind. Da dem Beschluß vom 14.10.1987 durch seine Bestandskraft die Qualität einer Vereinbarung zukomme, könne er grundsätzlich nur durch eine neuerliche Vereinbarung der Wohnungseigentümer aufgehoben werden. Die Mehrheitsbeschlüsse vom 23.11.1996 und 19.04.1997, die auf eine Aufhebung des Beschlusses vom 14.10.1987 abzielten, seien daher für ungültig zu erklären.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
a) Ohne Erfolg wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ansicht der angefochtenen Entscheidung, daß der Eigentümerbeschluß vom 14.10.1987 den Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung wirksam abgeändert und auch ihn als später eingetretenes Mitglied der Eigentümergemeinschaft gebunden hat.
Bei der in § 11 der Teilungserklärung … enthaltenen Regelun...