Leitsatz (amtlich)
›Bei einem Mietverhältnis über nicht preisgebundenen Wohnraum kann der Vermieter nach dem Wegfall der Grundsteuervergünstigung für das Wohngrundstück die von ihm geschuldete höhere Grundsteuer als Erhöhung der Betriebskosten anteilig auf die Mieter umlegen, wenn er nach dem Inhalt des Mietvertrags neben dem Mietpreis den Ersatz von Betriebskosten gesondert fordern kann und der Wegfall der Grundsteuervergünstigung zur Erhöhung der gesamten Betriebskosten geführt hat.‹
Gründe
1. Die Kläger und Widerbeklagten sind seit 1964 Mieter einer Wohnung im ..., das der Beklagte im Jahr 1971 erworben hat. Der frühere Eigentümer hat für die Errichtung des Wohnhauses Grundsteuerbefreiung in Anspruch genommen. Nach Ablauf der Steuervergünstigung hat der Beklagte ab 01.01.1972 die Grundsteuer abzüglich des Anteils von DM 9,-- für das unbebaute Grundstück auf die Hausbewohner umgelegt und von den Klägern die Zahlung des auf sie entfallenden Anteils gefordert. Dazu ist im Mietvertrag der Parteien bestimmt:
§ 4 Steuer- und Gebührenumlagen
Der Vermieter ist berechtigt, neben der Grundmiete Steuer- und Gebührenerhöhungen anteilig zu berechnen. Diese werden vom Mieter zusammen mit der Miete monatlich mit -,-- DM gezahlt.
Weitere Erhöhungen werden entsprechend oder analog den gesetzlichen Bestimmungen umgelegt und vom Mieter ab Belastung des Vermieters gezahlt. Neu eingeführte Steuern und Gebühren werden in voller Höhe umgelegt. Die Anforderung muß schriftlich erfolgen.
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren beim Landgericht u.a. darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, die nach Wegfall der Grundsteuervergünstigung entstandene Mehrbelastung als ›Erhöhung der Betriebskosten‹ anteilmäßig auf die Kläger abzuwälzen.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 22.09.1980 um Entscheidung dieser Rechtsfrage durch Rechtsentscheid gebeten.
2. Die Vorlage zur Erteilung eines Rechtsentscheids ist nach Art. III des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften in der Fassung des Gesetzes vom 05.06.1980 (BGBl I 657) zulässig. Die Rechtsfrage ergibt sich aus dem Mietverhältnis zwischen den Parteien über Wohnräume. Sie ist von grundsätzlicher Bedeutung, denn sie wird von den mit Mietsachen befaßten Gerichten und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet (vgl. Barthelmess, Komm. zum 2. WKSchG, Rdz. 19 zu § 4 MHG; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., Abschn. III, Rdz. 61; 303; jeweils mit Rechtsprechungshinweisen für und gegen die von ihnen vertretene Auffassung).
Das Landgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist.
Ein Rechtsentscheid kann nur über eine Rechtsfrage herbeigeführt werden, zu deren Beantwortung der dem Vorlagebeschluß zugrundeliegende Rechtsstreit Anlaß gibt. Das ist vom Oberlandesgericht als Zulässigkeitsvoraussetzung zu prüfen. Die gegenteilige Meinung (Schmidt/Futterer, NJW 1968, 919, 922; Thomas/Putzo, ZPO, 8.Aufl., Vorbem. VII, 4 vor § 511) würde dazu führen, daß Rechtsentscheide über nur beiläufige oder gänzlich abstrakte Rechtsfragen gefordert werden könnten. Das ist aber nicht Aufgabe der Rechtsprechung (ebenso BayObLG, NJW 1970, 1748, 1749; Dänzer-Vanotti, NJW 1980, 1777 f m.w.H.).
Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ergibt sich hier aus dem Anspruch des Beklagten auf Ersatz der den Klägern berechneten Anteile an der Grundsteuer für die Jahre 1977 und 1978. Über diese Ansprüche streiten die Parteien im Berufungsverfahren vor dem Landgericht. Für die vorangegangenen fünf Jahre haben die Kläger die berechneten Grundsteueranteile gezahlt. Ihren Rückforderungsanspruch hat das Amtsgericht mit rechtlichen Erwägungen abgewiesen, die nicht das Mietverhältnis der Parteien betreffen.
3. Die vorgelegte Rechtsfrage ist dahin zu beantworten, daß bei Mietverhältnissen über nicht preisgebundenen Wohnraum der Vermieter berechtigt ist, die nach dem Wegfall der Grundsteuervergünstigung geschuldete höhere Grundsteuer als Erhöhung der Betriebskosten nach § 4 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG, Art. 3 des 2. WKSchG v. 18.12.1974, BGBl I 3603) auf die Mieter anteilig umzulegen, wenn nach dem Inhalt des Mietvertrags die anteiligen Betriebskosten neben dem vereinbarten Mietpreis zu zahlen sind.
Diese Rechtsfolge läßt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ableiten. § 4 MHG regelt die Umlegung der sogenannten Betriebskosten für nicht preisgebundene Wohnräume. Abs. 1 der Vorschrift beschränkt die vertragliche Vorschußpflicht des Mieters auf Vorauszahlungen in angemessener Höhe und enthält mit dem Hinweis auf § 27 der 2. Berechnungsverordnung (jetzt in der Fassung vom 18.07.1979, BGBl I 1077) eine gesetzliche Umschreibung des Begriffs ›Betriebskosten‹. Es sind die laufenden Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes mit Nebengebäuden, Anlagen und Einrichtungen und des Grundstücks entstehen. Dazu gehört die Grundsteuer als laufende öffentliche Grundstücksl...