Tenor
Bei einer auf Zahlungsverzug gestützten ordentlichen Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die Vorschrift des § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Heilungswirkung einer nachträglichen Zahlung) nicht entsprechend anwendbar (Anschluß an den Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28.08.1991 – 8 ReMiet 2/91–).
Gründe
I.
1. Der Kläger begehrt als Vermieter von den Beklagten Räumung und Herausgabe einer Wohnung. In dem zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreit Amtsgericht Mannheim 11 C 293/90 Landgericht Mannheim 4 S 21/91 kündigte der Kläger nochmals mit Schriftsatz vom 21.02.1991 das Mietvertragsverhältnis fristlos, hilfsweise befristet und nannte u.a. als Kündigungsgründe:
- Mietzinsrückstand in Höhe von 1.550,– DM per 21.02.1991
- permanent verspätete Mietzahlungen trotz entsprechender Abmahnungen
Er stützte sein dortiges Räumungsbegehren hilfsweise auf die erneute fristlose Kündigung. Mit Urteil vom 05.06.1991 wies das Landgericht Mannheim die Berufung des Klägers hinsichtlich der Abweisung seines Räumungsbegehren zurück mit der Begründung, das Abstellen auf die Kündigung vom 21.02.1991 stelle eine Klagänderung dar, in welche die Beklagten nicht eingewilligt hätten und deren Sachdienlichkeit für den Berufungsrechtszug zu verneinen sei.
Mit Anwaltschreiben vom 03.07.1991 kündigte der Kläger den Beklagten nochmals fristlos. Die Kündigung stützte er auf rückständigen Mietzinsen in Höhe von mindestens zwei Monatsraten und auf die „regelmäßige” Verspätung von Mietzinszahlungen.
Die neuerliche Räumungsklage, die sich auf die Kündigungen vom 21.02.1991 und 03.07.1991 stützt, wurde dem Beklagten am 13.08.1991 zugestellt, nachdem bereits vor Rechtshängigkeit der Zahlungsrückstand ausgeglichen worden war.
2. Das Amtsgericht Mannheim hat mit Urteil vom 21.11.1991 der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage stattgegeben. Hiergegen haben die Beklagten Berufung eingelegt. Sie verfolgen ihren Klagabweisungsanspruch weiter.
Das Landgericht geht davon aus, daß die fristlosen Kündigungen vom 21.02.1991 und 03.07.1991 durch nachträgliche Zahlungen gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden sind. Die länger währende Zahlungsunpünktlichkeit stelle für sich allein keine so schwerwiegende Vertragsverletzung dar, daß dem Kläger die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden könnte (§ 554a BGB). Andererseits sei ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu verneinen, denn mit den Zahlungsverzögerungen seien die vertraglichen Mieterverpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt worden (§ 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB). Lege man die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart im Rechtsentscheid vom 28.08.1991 – 8 ReMiet 2/91 – (ZMR 1991, 429) zugrunde, so sei der Räumungsklage ohne weiteres stattzugeben, weil die nachträgliche Zahlungen nicht zur Unwirksamkeit der ordentlichen, befristeten Kündigung führten.
3. Das Landgericht Mannheim möchte von dem Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart abweichen. Zu Begründung führt es aus, es sei widersprüchlich, wenn der Mieter im Falle einer außerordentlichen fristlosen Kündigung weitergehende Schutzrechte besitze als im Fall einer ordentlichen Kündigung. Die derzeitige Fassung des § 554 BGB einerseits und des § 564b BGB andererseits beruhten auf Zufälligkeiten, die sich daraus ergäben, daß die genannten Regelungen zu verschiedenen Zeiten konzipiert worden seien, ohne daß der Gesetzgeber die dabei auftretenden Widersprüche beachtet hätte. Aus diesem Grund sei eine analoge Anwendung des § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf die Fälle der auf Zahlungsverzug gestützten ordentlich befristeten Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB geboten. Die Unterschiede hinsichtlich der fristlosen und der befristeten Kündigung wegen Zahlungsrückständen seien nicht das Ergebnis einer vom Gesetzgeber gewollten unterschiedlichen Bewertung der jeweiligen Interessensituation. Der Mieter, der zu einer fristlosen Kündigung Anlaß gebe, könne im Ergebnis nicht besser stehen, als derjenige, dem lediglich ein zur befristeten Kündigung berechtigendes Fehlverhalten vorgeworfen werden könne.
Das Landgericht hat daher dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
„Ist bei einer auf Zahlungsverzug gestützten ordentlichen befristeten Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB die Vorschrift des § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB entsprechend anwendbar?”
II.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Gegenstand des Vorlagebeschlusses (§ 541 ZPO) ist eine Frage, die den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft.
2. Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des Landgerichts erheblich. Bei der Prüfung dieser Frage ist der Senat an die Feststellungen und die Würdigung des Landgerichts gebunden, sofern sich diese nicht als eindeutig unhaltbar erweisen (OLG Karlsruhe WuM 1981, 173; BayOLGZ 1989, 319; Bub/Treffer Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete VIII 170). Der Vorlagebeschluß des Landgerichts Mannheim geht auf die Merkmale des Verschuldens und...