Entscheidungsstichwort (Thema)
Herausgabe
Tenor
Vermietet der Vermieter einer Wohnung seinem Mieter später auch eine auf dem Hausgrundstück gelegene Garage, so liegt darin selbst dann, wenn dies erst nach Jahren geschieht und eine ausdrückliche Einbeziehung in den bisherigen Mietvertrag nicht erfolgt, in der Regel nur eine Ergänzung des bisherigen Vertrages. Eine neue selbständige Vereinbarung kommt nur zustande, sofern ein entsprechender Parteiwille hinreichend deutlich erkennbar geworden ist.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat mit seiner Ehefrau seit 1978 eine Wohnung im Hause des Beklagten gemietet. Der schriftliche Formularmietvertrag enthält in § 24.2 folgende Bestimmung:
Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung …
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihm im Januar 1982 eine im Hof des Anwesens gelegene Garage vermietet. Der Beklagte hat dies bestritten und fürsorglich den Vertrag über die Garage zum 30.6.1982 gekündigt.
Das Amtsgericht hat der vom Kläger erhobenen Herausgabeklage stattgegeben. Das mit der Berufung des Beklagten befaßte LG Heidelberg sieht eine Einigung über die Garagenvermietung als bewiesen an. Durch Beschluß vom 30.12.1982 hat die Kammer dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Liegt ein einheitlicher Mietvertrag vor, wenn der Mieter einer Wohnung erst nach Jahren eine Garage auf dem Hausgrundstück von seinem Vermieter hinzumietet und diese nicht ausdrücklich in den Mietvertrag einbezogen wird, so daß eine Teilkündigung bezüglich der Garage unzulässig ist?
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Die Frage, ob durch die Anmietung eines weiteren Gegenstands, wenn zwischen den Vertragsparteien bereits ein Mietverhältnis besteht, ein neuer Vertrag oder lediglich eine Modifizierung des alten Vertrages zustande kommt, ist zwar in erster Linie eine Tatfrage, weil sie grundsätzlich von dem geäußerten Parteiwillen abhängt, es den Parteien also freisteht, welche der beiden in Frage kommende Regelungen sie wählen. Hier geht es aber darum, wie zu entscheiden ist, wenn das Gericht einen solchen eindeutigen Parteiwillen nicht feststellen kann. Es kommt somit darauf an, nach welchen Kriterien die bloße Vertragsänderung von dem Neuabschluß eines Vertrages abzugrenzen ist. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Beantwortung durch Rechtsentscheid zugänglich ist.
2. Die Vorlagefrage ergibt sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum, obwohl im zugrundeliegenden Rechtsstreit nur die Herausgabe einer Garage begehrt wird. Sie betrifft eine mit dem Abschluß des Wohnraummietvertrages zusammenhängende Rechtsfolge; denn es geht ihr darum, unter welchen Voraussetzungen eine später angemietete Garage in die für die Wohnungsmiete geltenden Kündigungsschutzbestimmungen einbezogen wird. Eine sachgerechte Antwort kann zudem nur gefunden werden, indem die sich aus der Tatsache der Wohnungsvermietung ergebende Interessenlage der Parteien mitberücksichtigt wird. Damit gehört die Vorlagefrage in den Rechtskreis des Wohnraummietvertrages.
3. Die Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie hat, wie die bisher veröffentlichten Entscheidungen zeigen, die Rechtsprechung mehrfach beschäftigt, ist bisher jedoch nicht genügend geklärt und, soweit ersichtlich, noch nicht durch Rechtsentscheid beschieden worden.
4. Das Landgericht hat hinreichend dargelegt, daß nach seiner den Senat grundsätzlich bindenden Auffassung die Garage wirksam an den Kläger vermietet worden ist und die Gültigkeit der Kündigung von der Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage abhängt.
III.
In der Sache ist die Vorlagefrage, wie aus dem Tenor ersichtlich, zu beantworten.
1. Ist in einem einheitlichen Vertrag eine Wohnung mit Garage vermietet worden, so kann die Garage grundsätzlich nicht gesondert gekündigt werden, weil es sich insoweit um eine unzulässige Teilkündigung handeln würde (Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumkündigungsschutzgesetze, 4. Aufl., B 47; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., I 24; Staudinger-Sonnenschein, BGB, 12. Aufl., 2. Bearbeitung, § 564 Rn. 26 f.; LG Mannheim WuM 1980, 134; AG Kassel WuM 1979, 257; AG Solingen WuM 1976, 161; AG Waiblingen ZMR 1977, 237). Der für die Wohnung geltende Kündigungsschutz erstreckt sich in diesen Fällen auf die Garage, weil sie nach der Verkehrsanschauung eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit mit den Wohnräumen bildet. Die Garage ist in ihrer Funktion Nebenräumen wie Keller und Speicher vergleichbar, in denen der Mieter ebenfalls ihm gehörende Gegenstände unterbringt, für die in der Wohnung selbst kein Platz ist. Ein großer Teil der Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland besitzt mindestens ein Automobil. Daher haben viele Mieter ein erhebliches Interesse daran, ihr Kraftfahrzeug auf dem Grundstück des Vermieters abstellen zu können. Jeder Bauherr muß schon aufgrund der Bestimmungen des öffentlichen Baurechts in der Regel für das neue Gebäude Stellplätze oder Garagen in ausreichender Zahl erstellen. So wird im Land Baden-Wür...