Leitsatz (amtlich)
Die nach außen gegebene Erklärung eines Sachversicherers, für einen Schadensfall keine Leistungen zu erbringen, stellt, selbst wenn sie keine förmliche Leistungsablehnung sein sollte, in der Rechtsschutzversicherung ein Verstoß gegen Rechtspflichten i.S.v. § 4 ARB 96 dar.
Die Geltendmachung der Neuwertspitze gegen den Feuerversicherer eines abgebrannten Gebäudes unterfällt nicht dem Risikoausschluss des § 3 Abs. 1 d ARB 96 (Baurisiko).
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 04.11.2003; Aktenzeichen 1 O 23/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 1 wird das Urteil des LG Mannheim vom 4.11.2003 - 1 O 23/03 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren in dem Rechtsstreit gegen die FS vor dem LG Berlin - 7 O 334/03 - wegen Entschädigung eines am 28.1.2001 in der unteren Schlossanlage in B eingetretenen Feuerschadens.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Rechtsschutz für eine Klage gegen den Feuerversicherer eines von ihr gemeinsam mit ihrem Sohn im Dezember 2001 erworbenen Anwesens.
Die Klägerin und der im Berufungsverfahren nicht mehr streitbeteiligte Kläger zu 2 unterhielten bei der Beklagten im Zeitraum vom 5.1.2000 bis 31.3.2002 eine Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutzversicherung für Selbständige mit einer Versicherungssumme von 300.000 DM (= 153.387,56 Euro) pro Versicherungsfall. Dem Vertrag lagen die "Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 96)" der Beklagten zugrunde, die, soweit hier von Interesse, den ARB 94 entsprechen.
Die Klägerin und ihr Sohn haben im Dezember 2001 eine Schlossanlage in B erworben. Bereits am 28.1.2001 war ein zu dieser Anlage gehörendes denkmalgeschütztes Gebäude teilweise abgebrannt. Die FS als Feuerversicherer leistete der Voreigentümerin Ersatz für den Zeitwertschaden. Die Klägerin und ihr Sohn beabsichtigen, das brandgeschädigte Gebäude wieder herzustellen. Sie beanspruchen deshalb von dem Feuerversicherer unter Berufung auf den Versicherungsvertrag und die diesem zugrunde liegenden ARB 87 den Ersatz des sog. Neuwertanteils, also die Differenz zwischen den Wiederherstellungskosten und der geleisteten Zeitwertentschädigung, die sie auf 335.357,98 Euro beziffern. Für die darauf gerichtete, inzwischen beim LG Berlin erhobene Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Deckungsschutz.
Die Beklagte lehnt Versicherungsleistungen unter Berufung auf den Risikoausschluss gem. § 3 Abs. 1 d dd ARB 96 - die sog. Baufinanzierungsklausel - ab. Ihrer Auffassung nach ist der Versicherungsfall außerdem nicht gem. § 4 Abs. 1 c ARB 96 während der Laufzeit des Rechtsschutzversicherungsvertrages eingetreten. Der Feuerversicherer habe bis zum 31.3.2002 noch keine endgültigen Entscheidungen über die Regulierung des Neuwertanteils getroffen gehabt.
Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat den Feststellungsantrag der Klägerin nach Vernehmung von Zeugen abgewiesen, weil ein Verstoß des Feuerversicherers i.S.v. § 4 Abs. 1 c ARB 96 in versicherter Zeit nicht habe festgestellt habe werden können. Der Feuerversicherer habe in diesem Zeitraum weder die Regulierung des Brandschadens abgelehnt noch es unterlassen, eine Regulierungsaufforderung - die die Klägerin bis dahin nicht an ihn gerichtet habe - in angemessener Zeit zu verbescheiden.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter mit dem Antrag, das Urteil des LG Mannheim vom 4.11.2003, zugestellt am 13.11.2003 - 1 O 23/03 - abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren in dem Rechtsstreit gegen die FS vor dem LG Berlin - 7 O 334/03 - wegen Entschädigung eines am 28.1.2001 in der unteren Schlossanlage in B eingetretenen Feuerschadens.
Die Klägerin hält die Würdigung der Zeugenaussagen durch das LG zur Frage, ob ein Rechtsverstoß i.S.v. § 4 Abs. 1 c ARB 96 in versicherter Zeit eingetreten ist, für unvollständig und fehlerhaft. Das LG habe auch missachtet, dass zur Annahme eines Rechtsverstoßes schon ein Vorgang genüge, der den Keim eines Rechtskonflikts in sich trage. Eine Willenserklärung - hier: im Sinne einer Leistungsablehnung des Feuerversicherers ggü. der Klägerin - sei nicht erforderlich.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung ist begründet. Die Beklagte schuldet der Klägerin aus dem zwischen den Parteien vorm...