Leitsatz (amtlich)
Ein im Urkundenprozess ergangenes Vorbehaltsurteil entfaltet auch insoweit Bindungswirkung für das Nachverfahren, als das Gericht den Stundungseinwand des Schuldners als "nicht urkundlich belegt" zurückweist, weil es eine von mehreren Unterschrift des Gläubigers auf einer - vollständig vorgelegten - Urkunde übersieht und deshalb zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, der Gläubiger habe die Stundungsvereinbarung nur als Geschäftsführer einer anderen Vertragspartei und nicht auch im eigenen Namen abgeschlossen.
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 31.07.2009; Aktenzeichen 4 O 108/08 KfH) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 31.7.2009 - 4 O 108/08 KfH - dahin abgeändert, dass das Vorbehaltsurteil vom 11.3.2009 insoweit aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen wird, als Zinsen für die Zeit vor dem 1.1.2008 zugesprochen bzw. verlangt worden sind. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn die Gegenseite nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der beklagten Kommanditgesellschaft die Rückgewähr eines seine Kommanditeinlage übersteigenden Finanzierungsbeitrags.
Auf einer außerordentlicher Gesellschafterversammlung am 19.10.1996 verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder C. K. als Kommanditisten, der Beklagten jeweils 1.250.000 DM (639.114,85 EUR) als Kapitalrücklage zur Verfügung zu stellen, weil die Sparkasse Offenburg die Gewährung eines Darlehens von der Einbringung weiteren Eigenkapitals in dieser Höhe abhängig gemacht hatte. Die eingebrachten Beträge sollten im Rahmen der Gewinnverteilung vorab mit 6 % verzinst werden. Sie wurden zunächst auf speziellen Darlehenskonten der beiden Kommanditisten gebucht und in der Bilanz als "Gesellschafter-Darlehen" passiviert. Am 1.2.1999 wurde ein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen. Er enthält folgende Bestimmungen:
§ 3 Gesellschafter, Kapitalanteile, Einlagen, Haftsummen
(1) (...) (2) Kommanditisten sind
a) Herr C. K. (...) mit einer Einlage von DM 150.000,-
b) Herr J. K. (...) mit einer Einlage von DM 150.000,-
(3) Die vorgenannten Einlagen der Gesellschafter sind fest; sie können nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags geändert werden. Sie bilden das Festkapital der Gesellschaft im Sinne des Vertrags.
(4) (...) § 4 Gesellschafterkonten
(1) Für jeden Gesellschafter wird ein Kapitalkonto, ein Verrechnungskonto, ein Darlehenskonto und ein Verlustvortragskonto geführt.
(2) Auf dem Kapitalkonto werden die Einlagen gem. § 3 verbucht. Es ist unverzinslich.
(3) Auf dem Verrechnungskonto werden die Gewinnanteile der Gesellschafter, soweit sie nicht zum Ausgleich der Verlustvortragskonten benötigt werden, die Einlagen und Entnahmen der Gesellschafter sowie sonstige Verrechnungsposten verbucht. Dieses Konto wird mit einem jeweiligen Aktiv- oder Passivsaldo i.H.v. 4 % über dem jeweiligen Bundesbankdiskontzinssatz verzinst. Entfällt der Bundesbankdiskontzinssatz, so tritt an seine Stelle der Diskontsatz oder ein analoger Zinssatz der Europäischen Zentralbank.
(4) Auf dem Darlehenskonto werden die Beträge verbucht, die der Gesellschaft darlehensweise überlassen werden. (...) (5) Verluste werden den Gesellschaftern anteilig auf den Verlustvortragskonten zugewiesen. (...) § 10 Entnahmen
(1) Jeder Gesellschafter darf Guthaben auf seinem Verrechnungskonto jederzeit entnehmen. Überziehungen der Verrechnungskonten bedürfen eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafter.
(2) (...) 4
Seither werden die Finanzierungsbeiträge auf einem Kapitalrücklagenkonto gebucht, als Eigenkapital unter "II. Rücklagen" neben "III. Verrechnungskonten der Gesellschafter" in die Bilanz eingestellt und mit vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst. Am 4.4.2001 unterzeichneten der Kläger und sein Bruder im Hinblick auf weitere von der Sparkasse O. gewährte bzw. weitergeleitete Kredite die folgende "Verpflichtungserklärung":
Sämtliche Ansprüche, die uns im Falle der Auseinandersetzung, des Ausscheidens oder einer sonstigen Änderung des Beteiligungsverhältnisses zustehen, werden gegenüber der Gesellschaft und unseren Mitgesellschaftern bis zur vollständigen Rückzahlung der Kredite gestundet. Ebenso gestundet werden Forderungen aus der Gesellschaft gewährten Darlehen. Die K. GmbH & Co. KG, A., verpflichtet sich ihrerseits, derartige Ansprüche nicht vor der Tilgung dieser Kredite zu erfüllen. Eine Entbindung von vorstehenden Verpflichtungen ist nur mit Zustimmung der L-Bank sowie der Sparkasse O. möglich.
Das 1996 gewährte Darlehen wurde Anfang 2007 vollständig zurückgeführt; die Kredite aus dem Jahr 2001 sind nur teilweise getilgt. Mit Anwaltsschreiben vom 23.12...