Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückerstattungsanspruch des Scheinvaters – Abtretung (des Anspruchs an das Kind) – unbillige Härte. Regelunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist der leibliche Vater in der Annahme seiner Vaterschaft damit einverstanden, daß das Kind dem Scheinvater untergeschoben wird, ist er nicht redlich, weshalb die Zahlung rückständigen Kindesunterhalts für ihn selbst dann keine unbillige Härte i. S.v. § 1613 Abs. 3 S. 1 BGB darstellt, wenn der Scheinvater die Anfechtung seiner Vaterschaft hinsichtlich der Anfechtungsfrist erschlichen haben sollte.

2. Hat der Scheinvater den nach § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch durch Rechtsgeschäft auf das Kind zurückübertragen, kann der gegen den leiblichen Vater gerichteten Unterhaltsforderung des Kindes kein früheres, unredliches Verhalten des Scheinvaters entgegengehalten werden.

 

Normenkette

BGB § 1607 Abs. 3 S. 2, § 1613

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Teilurteil vom 27.11.1998; Aktenzeichen 8 C 159/98)

AG Baden-Baden (Entscheidung vom 28.04.1998; Aktenzeichen 7 C 159/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Amtsgerichts B. vom 27.11.1998 (8 C 159/98) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger, welcher dem Beklagten – seinem nichtehelichen Kind – zur Leistung von Regelunterhalt verpflichtet ist, begehrt im sogenannten Nachverfahren den Erlaß rückständiger Unterhaltsbeträge sowie des laufenden Unterhalts bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

Die Mutter des beklagten Kindes hatte im Jahre 1985 den später als dessen Vater geltenden B.W. geheiratet. Innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit (12.02. – 13.06.1988) hatte sie mit dem Kläger eine intime Beziehung. Am 10.12.1988 brachte sie den Beklagten zur Welt. Im Dezember 1992 trennte sie sich von ihrem Ehemann. Die Ehe wurde mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts B. vom 22.02.1996 geschieden. Zugleich wurde die elterliche Sorge für den Beklagten der Mutter übertragen.

Noch vor der Scheidung hatte der frühere Ehemann der Kindesmutter im Februar 1996 gegen den Beklagten die Ehelichkeitsanfechtungsklage erhoben. Er hatte sie damit begründet, daß ihm seit Weihnachten 1995 der Verdacht gekommen sei, nicht Vater des Beklagten zu sein. Ursächlich seien Hinweise von Bekannten gewesen, daß das Kind keine Ähnlichkeit mit ihm habe. Die Mutter habe jedoch bestritten, daß das Kind nicht von ihm stamme. Während dieses Verfahrens wurde aufgrund eines außergerichtlich erhobenen Sachverständigengutachtens festgestellt, daß seine Vaterschaft offenbar unmöglich sei. Die Mutter gab daraufhin nach Vorhalt der gesetzlichen Empfängniszeit an, sie könne nicht ausschließen, daß ein anderer Mann der Vater der Beklagten sei. Hierauf wurde mit am 05.09.1996 rechtskräftig gewordenem Urteil des Amtsgerichts B. vom 11.06.1996 – 8 C 69/96 – festgestellt, daß B.W. nicht Vater des Beklagten sei.

Mit dem Kläger des vorliegenden Verfahrens am 09.05.1997 zugestellten Anträgen begehrte nunmehr der Beklagte des vorliegenden Verfahrens die Feststellung, daß der Kläger des vorliegenden Verfahrens sein Vater sei, sowie dessen Verurteilung zur Zahlung des Regelunterhalts für die Zeit von seiner Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Im Laufe dieses beim Amtsgericht B. unter Az. 7 C 159/97 geführten Verfahrens wurde aufgrund eines außergerichtlich erhobenen Blutgruppengutachtens festgestellt, daß die Vaterschaft des Klägers des vorliegenden Verfahrens praktisch erwiesen sei. Hierauf anerkannte dieser mit Urkunde des Sozial- u. Jugendamts der Stadt B. vom 28.01.1998 seine Vaterschaft zum Beklagten, worauf die Parteien hinsichtlich des Vaterschaftsfeststellungsantrags die Hauptsache für erledigt erklärten.

Mit Erklärungen vom 10.03.1998 trat der frühere Ehemann der Kindesmutter die Unterhaltsansprüche des Beklagten gegen den Kläger insoweit ab, als diese wegen erbrachter Unterhaltsleistungen gemäß § 1615 b aF BGB auf ihn übergegangen waren und nahm der Beklagte die Abtretung an. Dieser hatte seit 01.03.1996 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz erhalten. Die insoweit auf das Land Baden-Württemberg übergegangenen Unterhaltsansprüche wurden mit Erklärung vom 16.03.1998 von der Unterhaltsvorschußkasse auf den Beklagten im Wege einer Rückabtretung übertragen.

Mit rechtskräftigem Teilanerkenntnis- und Schlußurteil des Amtsgerichts B. vom 28.04.1998 – 7 C 159/97 – wurde der Kläger des vorliegenden Verfahrens verurteilt, an den Beklagten des vorliegenden Verfahrens seit dessen Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr den Regelunterhalt zu zahlen, soweit der Unterhaltsanspruch des Beklagten des vorliegenden Verfahrens gegen den Kläger des vorliegenden Verfahrens nicht an die Stadt B. – Amt für Familien, Soziales und Jugend – ab 01.03.1996 wegen Leistungen von Unterhaltsvorschuß übergegangen seien.

Mit seiner am 30.06.1998 beim Amtsgericht B. eingereichten Klage machte der Kläger das Nachverfahren anhängig.

Er...

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