Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 5 O 525/12) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten zu 1 und 3 gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 29. November 2018 - 5 O 525/12 - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten zu 1 und 3 tragen die Kosten des Berufungsrechtszugs als Gesamtschuldner.
III. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht mit der Klage Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Behandlung und unzureichenden Aufklärung im Zusammenhang mit ihrer Geburt geltend.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug einschließlich der dort gestellten Anträge sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage gegen die Beklagte zu 1 und 3 wegen einer fehlerhaften Behandlung der Klägerin stattgegeben und gegen die Beklagten zu 2 und 4 abgewiesen.
Hiergegen richten sich die Berufungen der Beklagten zu 1 und 3, mit der sie weiterhin Abweisung der Klage begehren. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschriften vom 16.01.2020 (II 153) und 26.11.2020 (II 371 f.). Der Senat hat die Mutter und den Vater der Klägerin sowie die Beklagte zu 3 ergänzend angehört und Beweis erhoben durch Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. S. sowie Vernehmung des Zeugen Dr. F.. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 16.01.2020 (II 151-175) und vom 14.05.2020 (II 263-269) verwiesen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1 und 3 [fortan: Beklagte] ist nicht begründet. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Haftung der Beklagten wegen eines groben Behandlungsfehlers der Beklagten zu 3 bejaht. Die Haftung der Beklagten folgt daraus, dass die Beklagte zu 3 es grob fehlerhaft versäumt hat, rechtzeitig einen Arzt mit der gebotenen Dringlichkeit hinzuziehen, obwohl für sie erkennbar ein unverzügliches ärztliches Eingreifen wegen einer Geburtsanomalie erforderlich war. Auch der Senat hält ein Schmerzensgeld von 500.000,00 EUR für angemessen.
1. Dem Landgericht sind allerdings Verfahrensfehler unterlaufen. Der Senat hat deshalb, soweit erforderlich, die Beweisaufnahme wiederholt.
a) Die Berufung rügt zu Recht, dass das Landgericht die widersprüchlichen Angaben der Kindeseltern und der Beklagten zu 3 darüber, mit welchem Inhalt die Mutter der Klägerin die Beklagte zu 3 im Zusammenhang mit dem schlagartigen Ereignis informiert hat, unter Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz in anderer Besetzung als derjenigen in der Sitzung vom 02.06.2016 (dort: VRiìnLG Merz, RiìnLG Dr. Otto, RiLG Hiltl) gewürdigt hat, obwohl die Beklagten dies im Schriftsatz vom 14.03.2018 (I 885) und erneut in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2018 (I 941) gerügt hatten. Die Berufung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Angaben der Eltern der Klägerin nicht unstreitig waren. Das Landgericht ist im angefochtenen Urteil den Angaben der Eltern der Klägerin folgend von einem "brutalen Schlag" bzw. einem "starken Schmerzereignis" ausgegangen. Auch die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit, an die Möglichkeit einer Uterusruptur zu denken, und der Bewertung als grobem Fehler (Sitzungsniederschrift vom 02.06.2016, S. 11/12, I, 87/589), denen das Landgericht folgt, legen die Schilderung der Mutter der Klägerin zugrunde. Entgegen dem angefochtenen Urteil (LGU S. 19) hat die Beklagte zu 3 abweichend von den Angaben der Eltern der Klägerin das Ereignis und die ihr hierüber von der Mutter der Klägerin erteilten Informationen deutlich weniger dramatisch geschildert (vgl. LGU S. 19; Sitzungsniederschrift, a.a.O., S. 3/4, I 571/573; S. 12, I 589). Nach ihrem Vortrag vor dem Landgericht stellte es sich als einen kurzen ziehenden Schmerz dar, der sich nicht aus dem übrigen Geschehen sonderlich hervorgehoben habe und offenbar auch nach Einschätzung der Kindsmutter mit einem Tritt des Kindes zu erklären gewesen sei. Letztendlich hat auch das Landgericht eine Divergenz in den Angaben der Eltern der Klägerin und der Beklagten zu 3 hinsichtlich der Intensität des Ereignisses gesehen, wenn es ausführt, hinsichtlich der Intensität des geschilderten Schlags folge die Kammer jedoch den übereinstimmenden und detailreichen, glaubhaften Angaben der Mutter und des Vaters der Klägerin. Dazu, ob insoweit auch auf den Angaben der Beklagten zu 3 basierend, die oben genannten Darlegungen des Sachverständigen noch zutr...