Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustandekommen einer äußerungsrechtlichen Vertragsstrafenvereinbarung mit Unterlassungsverpflichtung: Voraussetzungen für die Teilannahme eines Vertragsangebotes. Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden. Annahmefrist
Leitsatz (amtlich)
1. Die teilweise Annahme eines auf den Abschluss einer Vertragsstrafenvereinbarung mit Unterlassungsverpflichtung gerichteten Vertragsangebotes des Verletzten kommt mangels ausdrücklicher diesbezüglicher Vereinbarung der Beteiligten nur in Betracht, wenn das Angebot dahin ausgelegt werden kann, daß der Antragende entgegen der Regel des § 150 Abs. 2 BGB dem Angebotsempfänger die Möglichkeit einer Teilannahme einräumen wollte, und zwar auch hinsichtlich des vom Verletzer zur Unterwerfung dann ausgewählten Teilausschnitts und des Inhalts.
2. Auch bei einer Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden (§ 151 Satz 1 BGB) bedarf es einer nach außen hervortretenden eindeutigen Betätigung des Annahmewillens.
3. Von einem Verzicht des Antragenden auf die Erklärung der Annahme eines Verlangens nach Abgabe einer äußerungsrechtlichen Unterlassungserklärung kann nur dann ausgegangen werden, wenn die geforderte Unterwerfungserklärung nicht oder zumindest nicht in einem wesentlichen Punkt von dem abweicht, was der Anspruchsteller insoweit verlangt hat.
4. In äußerungsrechtlichen Angelegenheiten ist es dem Verletzten in der Regel zuzumuten, sich alsbald zu entscheiden, ob er ein Unterlassungsvertragsangebot des Verletzers annehmen will.
Normenkette
BGB § 147 Abs. 2, § 150 Abs. 2, § 151
Verfahrensgang
LG Konstanz (Entscheidung vom 30.04.2008; Aktenzeichen 3 O 422/07 B) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 30. April 2008 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt EUR 20.000.-.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt vom Beklagten 1 eine Vertragsstrafe von EUR 20.000.-, weil der Beklagte 1 gegen eine von ihm abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen habe. Weitergehende Klagen gegen den Beklagten 1 und weitere Beklagte auf Unterlassung und Beseitigung wurden in erster Instanz zurückgenommen.
Der Kläger ist ordentlicher Universitätsprofessor und seit 2005 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Medienrecht einer privaten Hochschule in F. 1999 veröffentlichte der Kläger seine Habilitationsschrift, im Jahre 2003 gab er den zugehörigen Dokumentenband heraus.
Am 04.11.2003 veröffentlichte der Beklagte 1, bis 1996 Professor für Neuere und Neueste Geschichte, in der F-Zeitung unter der Überschrift "Auf Grund gelaufen - Unzulängliche Dokumentation zum Parlamentarischen Rat" eine Rezension des Dokumentenbandes aus dem Jahre 2003. Die Besprechung endet mit dem Satz: "W.s unzulängliche Dokumentation sollte aus dem Verkehr gezogen werden".
Mit Anwaltsschreiben vom 19.12.2003 übersandte der Kläger dem Beklagten 1 eine "Verpflichtungserklärung" mit der Aufforderung, diese postwendend unterzeichnet zurück zu senden. Das Schreiben wurde von der vormaligen Beklagten 2 namens des Beklagten 1 mit Schreiben vom 30.12.2003 beantwortet. Dabei wies die F.-Zeitung. äußerungsrechtliche Ansprüche zurück; um die Angelegenheit gütlich beizulegen, verpflichte sich der Beklagte 1 gleichwohl, bei Meidung einer Vertragsstrafe künftig zu äußern oder zu verbreiten: "W.s Dokumentation sollte aus dem Verkehr gezogen werden." Eine Stellungnahme des Klägers hierzu erfolgte nicht.
Mit Anwaltsschreiben vom 21.07.2005 machte der Kläger im Hinblick auf die Erklärung vom 30.12.2003 gegen den Beklagten 1 eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 20.000.- geltend, weil die beanstandete Rezension einschließlich des letzten Satzes auf der Internetseite der F-Zeitung weiterhin aufgerufen werden könne und auf einer weiteren Internetseite teilweise zitiert werde.
Wegen der Einzelheiten des vom Kläger verfolgten Anspruchs, des zugrundeliegenden Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien, sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil ein Unterlassungsvertrag mit Vertragsstrafeversprechen nicht wirksam zustande gekommen sei. Das namens des Beklagten 1 von der Beklagten 2 verfaßte Schreiben vom 30.12.2003 stelle gemäß § 150 Abs. 2 BGB eine Ablehnung des Vertragsangebots des Klägers dar, verbunden mit einem modifizierten Angebot des Beklagten 1. Die Reichweite der im Schreiben vom 30.12.2003 angebotenen Unterlassungserklärung sei gegenüber dem Verlangen des Klägers im Schreiben vom 19.12.2003 massiv gekürzt, und anstelle der geforderten Vertragssstrafe von EUR 25.000.- werde lediglich eine angemessene Vertragsstrafe zugestanden, die für den Kläger wesentlich ungünstiger sei, weil er damit im Prozeß das Kostenrisiko wegen einer zu hoch e...