Leitsatz (amtlich)
Ein Darlehensnehmer kann sich einem Dritten gegenüber grundsätzlich wirksam verpflichten, ein ggü. dem Darlehensgeber nach § 489 Abs. 1 BGB zustehendes Kündigungsrecht über die dort vorgesehenen Zeiträume hinaus nicht auszuüben. In einer solchen Verpflichtung ist im Regelfall kein Ausschluss und keine Erschwernis des Kündigungsrechts i.S.v. § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB zu sehen.
Normenkette
BGB § 489 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 21.09.2007; Aktenzeichen 5 O 104/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Heidelberg vom 21.9.2007 im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
A. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 268.114 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.4.2007 zu zahlen.
B. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 269.419,31 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die klagende Bank begehrt von der beklagten Stadt den Ersatz eines Refinanzierungsschadens wegen Nichteinhaltung darlehensvertraglicher Verpflichtungen.
Mit schriftlichem Darlehensvertrag vom 2./4.9.1996 (Anlage K 1) gewährte die Rechtsvorgängerin der Klägerin (künftig: Klägerin) der Städtischen Wohnungs- und Grundstücksgesellschaft mbH L. (künftig: GmbH) ein Darlehen über 5 Mio. DM bei einer jährlichen Verzinsung von 6,72 % und einer Vertragslaufzeit von 15 Jahren, für das sich die Beklagte verbürgte. Am 4.9.1996 erteilte die GmbH der Klägerin eine "Interimsquittung" (Anlage K 5), in der sie den Erhalt des Darlehensbetrages bestätigte. Auf dieser Quittung befindet sich folgender vom Geschäftsführer der GmbH und vom Oberbürgermeister der Beklagten unterschriebener Text:
"Wir haben zustimmend Kenntnis genommen und bestätigen, dass die vorstehend unterzeichnenden Personen für die Städt. Wohnungs- und Grundstücksgesellschaft mbH L. vertretungsberechtigt sind. Ferner verpflichten wir uns für den Fall, dass die v.g. Gesellschaft das Darlehen während des Zinsbindungszeitraumes zur Rückzahlung kündigt, anstelle der Gesellschaft in den mit Ihrem geschlossenen Darlehensvertrag vom 2.9.1996/Valuta 10.9.1996 einzutreten. Die GmbH verpflichtet sich ggü. der Stadt L., das Darlehen nicht zu kündigen, hilfsweise es auf eigenen Namen gegen Kostenerstattung des Schuldendienstes zu halten."
Mit Schreiben vom 11.5.2006 kündigte die GmbH das Darlehen vorzeitig zum 31.3.2007. Den Eintritt in den Darlehensvertrag lehnte die Beklagte ab.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin den Ersatz ihres Refinanzierungsschadens, den sie mit 269.409,31 EUR beziffert. Die Beklagte wendet ein, sie habe lediglich eine Ausfallbürgschaft übernommen, der Ausfall sei jedoch nicht dargelegt. Außerdem erhebt sie die Einrede der Vorausklage. Insbesondere aber erschwere die auf der Interimsquittung getroffene Abrede für die GmbH die Kündigung des Darlehens entgegen § 489 Abs. 4 S. 1 BGB, weshalb sie unwirksam sei. Die von der Klägerin geltend gemachte Schadenshöhe bestreitet die Beklagte insoweit, als ersparte Risikokosten i.H.v. 9.900,27 EUR abzuziehen seien. Über ersparte Verwaltungskosten i.H.v. 315,04 EUR besteht zwischen den Parteien Einigkeit.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die von der Beklagten übernommene Verpflichtung zur befreienden Schuldübernahme bei vorzeitiger Kündigung des Darlehensvertrages durch die GmbH sei unwirksam, weil sie zusammen mit der in der selben Urkunde übernommenen Verpflichtung der GmbH ggü. der Beklagten, das Darlehen nicht zu kündigen, das Kündigungsrecht der GmbH erschwere. Die Verpflichtung der Beklagten zur befreienden Schuldübernahme könne nicht isoliert von der Verpflichtung der GmbH gesehen werden, das Darlehen nicht zu kündigen. Für die Klägerin sei aus der Interimsquittung ersichtlich gewesen, dass sich die Beklagte nur deswegen zur Darlehensübernahme bei vorzeitiger Kündigung durch die GmbH verpflichtet habe, weil die GmbH sich ihrerseits ggü. der Beklagten verpflichtet habe, das Darlehen nicht zu kündigen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Sie trägt vor, die in der Interimsquittung eingegangene Verpflichtung der GmbH, das Darlehen nicht zu kündigen, betreffe allein das Innenverhältnis mit der Beklagten und habe daher keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Eintrittsverpflichtung der Beklagten. Die Beklagte verteidigt das Urteil des LG.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen des Urteils des LG sowie auf den Vortrag der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist - bis auf einen ger...