Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährleistungsansprüche des Neuwagenhändlers bei Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der Verkauf eines Neuwagens mit der Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens verknüpft, ergibt sich daraus in der Regel eine Ersetzungsbefugnis des Neuwagenkäufers. Die Konsequenzen bei Mängeln des Gebrauchtwagens richten sich nach § 365 BGB.
2. Nimmt der Neuwagenhändler ein Gebrauchtfahrzeug mit der Absprache in Zahlung, dass ein bestimmter Betrag auf den Kaufpreis des Neuwagens angerechnet werden soll, ist im Normalfall ein konkludenter Ausschluss der Gewährleistung für Mängel des Gebrauchtwagens anzunehmen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Neuwagenhändler den auf den Preis des Neuwagens anzurechnenden Betrag ohne Untersuchung und ohne Besichtigung des Gebrauchtfahrzeugs zusagt.
3. Von einem konkludenten Gewährleistungsausschluss ist nur dann nicht auszugehen, wenn die Parteien in eindeutiger Weise im Vertrag eine vom Normalfall abweichende Regelung vereinbart haben. Dafür reicht ein handschriftlicher Hinweis im Ankaufsvertrag "optische und technische Prüfung vorbehalten" nicht aus.
4. Beim Verkauf (oder bei der Inzahlungnahme) eines fünf Jahre alten Pkw ergibt sich aus dem Hinweis im Vertrag "Fahrzeugzustand: normal" keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Normenkette
BGB §§ 365, 434 Abs. 1, § 437
Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen K 5 O 323/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 12.11.2016 - K 5 O 323/15 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 3/4, die Beklagte zu 1/4. Die Kosten der Streithelferin in beiden Instanzen trägt die Klägerin zu 3/4; zu 1/4 trägt diese Kosten die Streithelferin selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Rückabwicklungsansprüche nach dem Kauf eines Neufahrzeugs, bei dem ein Gebrauchtwagen in Zahlung gegeben wurde.
Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen; bei der Beklagten handelt es sich um ein Autohaus, welches Neufahrzeuge des Herstellers Mazda verkauft. Die Klägerin bestellte am 23.02.2015 auf einem Formular der Beklagten einen Neuwagen Pkw Mazda 2 zu einem Kaufpreis von 15.774,00 EUR (Anlage K 1). Im Bestellformular wurde die Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens der Klägerin für 5.000,00 EUR brutto "gemäß Ankaufsvertrag" vereinbart. Für die Inzahlungnahme des Gebrauchtwagens unterzeichnete der Geschäftsführer der Klägerin am selben Tag ein Vertragsformular "Gebrauchtfahrzeuge: Ankauf eines Fahrzeuges" (Anlage K 3). In dem Formular wurde das damals im Eigentum der Klägerin befindliche Gebrauchtfahrzeug wie folgt beschrieben:
Fabrikat: Mazda
Fahrzeug-Typ: 2 1.6 CD DPF
Baujahr: 2010
Erstzulassung: 03.05.2010
KM-Stand: 130.000
Fahrzeugzustand: normal
Unfall: rep. Schaden.
Der Preis des Fahrzeugs war im Vertragsformular mit 5.000,00 EUR brutto angegeben, wobei eine Verrechnung "als Anzahlung" vorgesehen war. Liefertermin sollte Juni 2015 sein. Der für die Beklagte handelnde Verkäufer hatte vor der Unterzeichnung des Formulars durch den Geschäftsführer der Klägerin zudem einen handschriftlichen Zusatz "Optische und technische Prüfung vorbehalten!" eingefügt.
Der Abschluss der beiden Verträge wurde auf Seiten der Klägerin in Telefongesprächen der Zeugin H. L. mit dem Verkäufer der Beklagten, dem Zeugen Th. M., vorbereitet. Die Zeugin H. L. hatte dem Zeugen M. erklärt, ein anderer Händler biete für das Gebrauchtfahrzeug 5.000,00 EUR. Auf diesen Hinweis wurde der Ankaufspreis von dem Zeugen M. telefonisch akzeptiert. Die Zeugin wies telefonisch darauf hin, dass es bei dem Gebrauchtwagen einen "größeren reparierten Unfallschaden" gegeben habe. Das Fahrzeug wurde vor Abschluss der beiden Verträge nicht von Mitarbeitern der Beklagten besichtigt; die Beklagte verlangte auch nicht die Vorlage der Rechnung über die Reparatur des Unfallschadens (vgl. die Rechnung vom 26.09.2013, Anlage K 13, die einen Reparaturbetrag von 9.987,18 EUR auswies). Der Zeuge M. übersandte die von ihm nach den Vorgesprächen mit der Zeugin H. L. vorbereiteten Vertragsformulare an den Geschäftsführer der Klägerin, der die Formulare unterzeichnete. Beide Vertragserklärungen wurden von der Beklagten angenommen.
Am 14.08.2015 holte die Zeugin H. L. das bestellte Neufahrzeug bei der Beklagten ab. Gleichzeitig übergab sie vereinbarungsgemäß das Gebrauchtfahrzeug. Am nächsten Tag rief der Zeuge Th. M. die Zeugin H. L. an, um ihr mitzuteilen, das Gebrauchtfahrzeug weise eine Vielzahl von Schäden und Mängeln auf, mit denen die Beklagte bei Abschluss des Vertrages nicht gerechnet habe. Daher könne die Beklagte auf den Kaufpreis des Neuwagens für den Gebrauchtwagen lediglich 2.000,00 EUR anrechnen, und nicht...