Leitsatz (amtlich)

Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen unzutreffend angegebener Wohnfläche aus einem Immobilienkaufvertrag mit Herstellungs- konkret Ausbauverpflichtung unterfällt dem Risikoausschluss des § 4 Abs. 1k ARB 75 (Baurisikoklausel) auch dann, wenn die zugesagte Wohnfläche bautechnisch von Anfang an nicht erzielbar war.

Der Risikoausschluss bezieht sich auch auf Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (Betrug), sofern sich diese auf bewusste Falschangaben zu wesentlichen Planungswerten beziehen.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 05.09.2003; Aktenzeichen 6 O 357/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 5.9.2003 – 6 O 357/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist bei der Beklagten als Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers … rechtsschutzversichert. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 1975 (ARB 75) zugrunde. Die Klägerin begehrt, soweit sie ihrerseits bereits Zahlungen geleistet hat, die Erstattung sowie i.Ü. die Freistellung von den Kosten eines Vorprozesses. In diesem hat sie die V-GmbH sowie Herrn Dipl.-Ing. R.V. persönlich auf Schadensersatz und Minderung wegen unrichtiger Angaben zur Wohnfläche einer gem. notariellem Vertrag vom 23.7.1997 zu erwerbenden Eigentumswohnung in Anspruch genommen (LG Karlsruhe – 2 O 134/99; OLG Karlsruhe – 8 U 59/02).

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG verwiesen. Zweitinstanzliche Änderungen und Ergänzungen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte sich auf den Risikoausschluss gem. § 4 Abs. 1 ARB 75 (sog. Baurisikoklausel) berufen könne.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren mit folgendem Antrag weiterverfolgt:

Das Urteil des LG Karlsruhe vom 5.9.2003 – 6 O 357/02 – wird aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Das Versäumnisurteil vom 18.2.2003 bleibt aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass anstelle der Feststellung, dass die Beklagte zur Deckungszusage für die Kosten in zweiter Instanz beim OLG Karlsruhe – 8 U 59/02 – verurteilt wird, sie zur Freistellung bezüglich dieser Kosten verpflichtet wird, soweit nicht durch Ziff. 1 des Klagantrags erfasst.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten des Vorprozesses waren beigezogen und Gegenstand der Verhandlung.

II. Die Berufung der – unbestrittenen aktiv legitimierten – Klägerin hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das LG ein Eingreifen der Risikoausschlussklausel des § 4 Abs. 1k ARB 75 bejaht. Danach bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles stehen.

1. Allgemeine Versicherungsbedingungen wie der Risikoausschluss des § 4 Abs. 1k ARB 75 sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. § 4 Abs. 1k ARB 75 verfolgt den auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten um Baumaßnahmen aller Art und die sie unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann. Die Klausel stellt dafür auf den unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes ab. Maßgebend ist, ob die vom Versicherungsnehmer angestrebte Rechtsverfolgung der Planung und Errichtung eines Gebäudes zuzuordnen ist. Der geforderte Zusammenhang muss dabei nicht nur zeitlich bestehen, sondern es muss darüber hinaus auch ein innerer sachlicher Bezug gegeben sein. Die Klausel erfasst das Baurisiko, für das Auseinandersetzungen typisch sind, die über die anlässlich eines Bauvorhabens erbrachten Leistungen geführt werden. Es geht um die Wahrung der rechtlichen Interessen, die der Bauherr an der Planung und de...

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