Leitsatz (amtlich)

Zur Bedeutung des Nachtrunks in der Kaskoversicherung.

 

Normenkette

AKB § 7; VVG § 6 a.F., § 61 a.F.; StGB § 142

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 11.12.2007; Aktenzeichen 3 O 205/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 11.12.2007 - 3 O 205/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer bei der Beklagten genommenen Fahrzeugversicherung.

Die Klägerin unterhielt für den Pkw Marke Opel,.... (im Folgenden: Fahrzeug), bei der Beklagten eine Fahrzeugversicherung. Ihr lagen Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) zugrunde, die, soweit hier von Belang, mit den bei Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl. abgedruckten Bedingungen übereinstimmten. § 7 AKB lautete demgemäß auszugsweise wie folgt:

§ 7 I (2) Satz 3

Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann.

§ 7 V (4)

Wird eine dieser Obliegenheiten in der Fahrzeug- oder Kraftfahrtunfallversicherung verletzt, so besteht Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VVG.

In der Nacht vom 18.8.2006 auf den 19.8.2006 besuchte der Sohn der Klägerin ein Kabinenfest seiner ehemaligen Fußballmannschaft in L, danach zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr ein Lokal in L und zwischen 0.00 Uhr und 6.00 Uhr mit Freunden den Musikpark in Lu. Er nahm alkoholische Getränke in streitiger Menge zu sich. Am 19.8.2006 befuhr er mit dem Fahrzeug zwischen 7.45 Uhr und 8.00 Uhr die Kreisstraße von S in Richtung L. In Höhe des Fahrbahnteilers bei der Einmündung zur Golfanlage kam er nach rechts von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Am Fahrzeug entstand Totalschaden.

Der Sohn der Klägerin entfernte sich zunächst unter Zurücklassung des beschädigten Fahrzeugs von der Unfallstelle, ehe er gegen 11.00 Uhr bei der Polizei in S erschien. Eine um 11.56 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 0,66 Promille, eine um 12.28 Uhr entnommene zweite Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 0,57 Promille.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, ihr Sohn habe auf dem Kabinenfest keinen Alkohol getrunken. In der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr habe er drei Doppelkorn à 0,2 cl zu sich genommen. Im Musikpark habe er lediglich drei kleine Bier à 0,3l konsumiert. Zum Unfall sei es gekommen, als er in Höhe der durch zwei Verkehrsinseln stark verengten Einmündung mit dem linken Vorderrad den Bordstein touchiert habe. Danach habe die Lenkung des Fahrzeugs nicht mehr reagiert, das Fahrzeug sei von der Fahrbahn abgekommen und frontal auf einen rechts neben der Straße stehenden Baum geprallt. Es handele sich um einen Vorfall, der sich bei jedem Kraftfahrer unabhängig von Alter und Fahrpraxis auch ohne Alkoholeinfluss ereignen könne und keine auf Alkoholeinfluss zurückzuführende Fahruntüchtigkeit indiziere. Ein Fremdschaden sei durch den Unfall nicht entstanden. Der Baum, an dem das Fahrzeug zum Stehen gekommen sei, sei kurz nach dem Unfall zusammen mit weiteren Bäumen gefällt worden. Nach dem Unfall habe der Sohn der Klägerin einige Schlucke aus einer Wodkaflasche genommen. Hierdurch habe er jedoch ebenso wenig wie durch das Entfernen vom Unfallort eine Obliegenheitsverletzung ggü. der Beklagten begangen.

Die Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, ein technischer Defekt am Fahrzeug habe nicht vorgelegen. Es sei vielmehr zu dem Unfall mit einem Fremdschaden an vorbezeichnetem Baum i.H.v. 500 EUR gekommen, weil der Sohn der Klägerin zu heftig gegengelenkt und dadurch die Herrschaft über das Fahrzeug verloren habe. Dies sei eine klassische Fehlreaktion, die nur darauf zurückgeführt werden könne, dass der Sohn der Klägerin fahruntüchtig gewesen sei; ohne Nachtrunk ergebe sich zum Unfallzeitpunkt im Wege der Rückrechnung eine Blutalkoholkonzentration von 1,06 Promille. Den Nachtrunk habe der Sohn der Klägerin wahrheitswidrig behauptet, hilfsweise bewusst zu sich genommen, um die Tatsache seiner Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt zu verschleiern. Dafür spreche insbesondere, dass er sich vom Unfallort entfernt habe. Da der Sohn der Klägerin deren Repräsentant gewesen sei, müsse sich die Klägerin sein Verhalten zurechnen lassen mit der Folge, dass die Beklagte von ihrer Leistungsverpflichtung frei geworden sei.

Das LG hat - unter Klageabweisung im Übrigen - der Klage i.H.v. 7.288,91 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 9.2.2007 stattgegeben. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass der Sohn der Klägerin das Fahrzeug in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand geführt habe. Es fehle bereits an einer substantiierten Darlegung einer bestimmten Blutalkoholkonzentration. Die Beklagte habe zwar eine Blutalkoholkonzentration von 1,06 Promille zum Unfallzeitpunkt behauptet. Diesen Wert h...

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