Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast beim Missbrauch einer EC-Karte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn Abhebungen mit einer EC-Karte unter Verwendung der PIN an einem Geldautomaten vorgenommen werden und sich nicht mehr klären lässt, ob der Berechtigte durchgehend im Besitz der Karte war, spricht der erste Anschein dafür, dass der Berechtigte die Abhebungen selbst veranlasst hat oder er die EC-Karte gemeinsam mit der Geheimnummer pflichtwidrig so verwahrt hat, dass ein unberechtigter Dritter diese zwischenzeitlich verwenden konnte.

2. Der Inhaber einer EC-Karte kann den Anscheinsbeweis nicht erschüttern, wenn er sich auf die abstrakte Gefahr der unberechtigten Ausspähung von Daten und Herstellung von Kartendubletten beruft und gleichzeitig vorträgt, die EC-Karte zuvor ausschließlich in den Schalterräumen seiner Bank eingesetzt zu haben, in der Missbrauchfälle bisher nie bekannt worden sind.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 276, 670, 675 Abs. 1, § 676 f., § 677; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 28.08.2007; Aktenzeichen 2 O 16/07)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 28.8.2007 - 2 O 16/07 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 5.538,61 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der beklagten Bank die Rückerstattung von Geldbeträgen, die seinem Girokonto belastet wurden. Dem Streit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto, für das ihm eine EC-Karte ausgestellt wurde, mit der er unter Verwendung seiner vierstelligen persönlichen Identifikationsnummer (PIN) Bargeldabhebungen tätigen konnte. Auf die vereinbarten Sonderbedingungen für die VR-BankCard (Anlage B 3) wird verwiesen.

Der Kläger hielt sich in der Zeit vom 10.4. bis zum 27.5.2006 in Thailand auf. Im Zeitraum vom 13.4. bis 15.5.2006 belastete die Beklagte das Girokonto des Klägers mit insgesamt 6.862,70 EUR, da entsprechende Barabhebungen an Geldautomaten in Thailand seiner EC-Karte zugeordnet wurden.

Der Kläger hat behauptet, diese Abhebungen nicht vorgenommen zu haben. Da er die EC-Karte während seines Urlaubs die ganze Zeit sicher verwahrt und erstmals am 22.4.2006 eine Abhebung in Thailand vorgenommen habe, könne auch seine Karte nicht zum Einsatz gekommen sein. Vielmehr spräche alles dafür, dass Dritte seine Kartendaten und PIN ausgespäht, eine Kartendublette erstellt und damit die Abhebungen getätigt hätten. Nachdem die Beklagte unstreitig bereits außergerichtlich einen Betrag i.H.v. 1.324,09 EUR erstattet habe, sei sie zur Erstattung weiterer 5.538,61 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten zu verurteilen.

Die Beklagte hat behauptet, dass der Kläger die Abhebungen entweder selbst veranlasst oder grob fahrlässig ermöglicht habe. Die Herstellung einer Kartendublette sei auszuschließen, ebenso, dass ein Dritter ohne ein Fehlverhalten des Klägers die PIN ermittelt haben könnte.

Das LG Karlsruhe hat die Klage mit Urt. v. 28.8.2007 (Az: 2 O 16/07) abgewiesen. Die Abbuchungen der Beklagten vom Girokonto des Klägers seien zu Recht erfolgt, da ihr entweder ein Aufwendungsersatz- oder ein Schadensersatzanspruch zustehe. Zwar müsse grundsätzlich die Beklagte beweisen, dass der Kläger ggü. der Beklagten eine Weisung zur Belastung des Kontos erteilt habe, die Karte also nicht missbräuchlich eingesetzt worden sei. Bei Abhebungen am Geldautomaten bestehe aber ein auf die Sicherheit des PIN-Systems gestützter Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie unter Verwendung von Originalkarte und PIN und damit vom Berechtigten selbst oder zumindest mit seinem Willen vorgenommen worden seien. Dem Kläger sei es nicht gelungen, diesen Beweis des ersten Anscheins zu erschüttern. Sollten demgegenüber die Abhebungen nicht mit Willen des Klägers erfolgt sein, stünde der Beklagten ein Schadensersatzanspruch zu, weil dann davon auszugehen sei, dass der Kläger die PIN nicht sorgfältig verwahrt habe.

Auf die tatsächlichen Feststellungen sowie die Entscheidungsgründe des Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Dagegen wendet sich der Kläger, der mit der Berufung sein ursprüngliches Ziel auf Erstattung der infolge der Barabhebungen von seinem Girokonto abgebuchten Beträge weiter verfolgt. Das LG habe sich zu Lasten des Klägers zu Unrecht auf den Beweis des ersten Anscheins berufen. Ein solcher liege nach der Rechtsprechung nur vor, wenn die EC-Karte abhanden gekommen und zeitnah eine Abhebung unter Verwendung der Originalkarte und der PIN erfolgt sei.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil des LG, das sie für zutreffend hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§...

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